Beim Lenbachhaus handelt es sich um eine sehr komplizierte Bausubstanz, die sich aus der Entstehungsgeschichte der Lenbachschen Villa (1887-1891) ergibt. Franz von Lenbach hatte gemeinsam mit seinem Architekten Gabriel von Seidl eine seinen hohen Ansprüchen gemäße Villa geplant. Begonnen wurde zunächst mit dem Ateliertrakt, dem Südflügel der heutigen Anlage. Dieser lag unmittelbar vor dem symbolischen Stadttor der Propyläen, also außerhalb der unter Ludwig I. und Maximilian II. angelegten Stadt. An prominenter Stelle errichtet, befand er sich in nächster Nähe zu den bedeutenden Museen der Pinakotheken und der Glyptothek und war unmittelbar an der königlichen Straße von der Residenz nach Schloss Nymphenburg gelegen. Diese Lage unterstrich den repräsentativen Anspruch, den Lenbach mit seinem Bau demonstrieren wollte. Nach der Errichtung des Atelierbaus folgte die zentrale Villa - formal an toskanischen Vorbildern orientiert. Diese musste zwischen zwei bereits bestehende Häuser, die Villa des Bildhauers Anton Heinrich Hess und das Haus Schäfer, eingepasst werden. Um eine Einheit mit dem Ateliertrakt anzudeuten, waren Blendarchitekturen notwendig. Spätere Übernahmen der angrenzenden Gebäude führten, trotz verschiedener Eingriffe in die Bausubstanz, nie zu einer befriedigenden Lösung der Raumabfolge. Als 1926 das Lenbachhaus zum Ort der Städtischen Galerie wurde, hat Hans Grässel den Nordflügel in bewundernswerter Adaption der Fassaden an das Bestehende - im Inneren jedoch als klare, neusachliche Architektur erkennbar - erbaut. 1972 wurde anlässlich der olympischen Spiele in München ein Neubau an der Südwestecke des Lenbachhauses errichtet. Ohne auf eine logische und übersichtliche Verbindung mit den bestehenden Bauten einzugehen, blieb er immer ein Fremdkörper im Gefüge der Dreiflügelanlage des Lenbachhauses.
Der jetzige Ansatz möchte verschiedene Missstände beheben und technische wie museale Erfordernisse innerhalb dieses Hauses einlösen. Dazu gehören neben der Beseitigung von nur notdürftig behobenen Schäden der Zerstörungen aus dem 2. Weltkrieg vor allem eine an dem Publikumsbedürfnis ausgerichtete Zugänglichkeit des Hauses. Ursprünglich als Privathaus, später für wenige zehntausend Besucher pro Jahr als Museum ausgelegt, werden heute im Jahresdurchschnitt über 200.000 Besucher gezählt, in Spitzenzeiten auch 400.000. Dass dies nicht mehr über die Freitreppe durch den historischen, von Max Kolb angelegten Garten allein möglich ist, erscheint evident. Die Architekten haben sich nach intensiver Befassung mit der historischen Bausubstanz und der besonderen topografischen Situation für eine Lösung entschieden, die den Hauptzugang über den Museumsplatz vor den Propyläen anlegt. Damit erhält die Südseite der Villa eine neue Bewertung, die den zentralen Besucherströmen entgegenkommt, nämlich den Menschen, die von der U-Bahnstation Königsplatz, vom Hauptbahnhof oder über den Königsplatz kommen. Diese Besucher betreten eine Halle, die entstanden ist, nachdem die kleinteiligen Bauelemente rund um die Lenbachsche Villa abgetragen wurden. An diese Halle schließen die Serviceeinrichtungen wie Vortragssaal, Lesesaal der Bibliothek, Museumsladen, Café und Restaurant an. Dieser Bereich soll auch außerhalb der Öffnungszeiten des Ausstellungsbetriebs zugänglich bleiben. Die großzügige Lobby übernimmt die Funktion des Empfangs und der Verteilung zu den verschiedenen Sammlungs- und Ausstellungsräumen, die sich nun klar gegliedert im 1. Obergeschoss und in der neu gewonnenen 2. Etage befinden. Das Haus, das bisher verwinkelt und auf recht unterschiedlichen Niveaus in den Etagen zugänglich war, wird nach den Plänen der Architekten barrierefrei, das heißt auf einheitlichen Ebenen begehbar. Die freigestellte historische Villa bildet den Kern des Museums. Hier findet man über den durch Franz von Lenbach eingerichteten Räumen in der 2. Etage mehrere Räume für Bildungs- und Vermittlungsaufgaben, denen sich das Museum künftig verstärkt widmen wird. Die Proportionen der neu gebauten Räume entsprechen dem privaten Charakter des Hauses, das durch viele Fenster in unterschiedlich großen, aber nie monumentalen Räumen seitliches Tageslicht empfängt, mit der Ausnahme eines zusätzlichen großen Ausstellungsraumes.
Die Architekten haben ihren Plänen sowohl die Topographie des Lenbachhauses als auch die vielschichtige Baugeschichte zugrunde gelegt. Sie haben den Charme des Privaten, den die Lenbachschn Villa noch immer vermittelt, bewahrt und ihrem Neubau in Gliederung, Proportion und äußerer Erscheinung eine Form gegeben, die sich bewusst neben dem Bestehenden behauptet. In erster Linie aber wurden die vielfältigen Aufgaben und Anforderungen des Museums berücksichtigt: klare Ausstellungsräume und ein umfangreiches Angebot an Funktionen, die der Besucher von einem Museum des 21. Jahrhunderts erwartet.