Am 17. Mai diesen Jahres machte der Planungsausschuss des Münchner Stadtrates den Weg frei für die zukünftige Nutzung des SV-Geländes in der Münchner Innenstadt. 2008 zieht die Süddeutsche Zeitung aus. Mit den Planungen für die Umstrukturierung dieses zentralen Innenstadtgeländes wurde bereits begonnen, die Vorstellungen von Investoren und Stadt liegen auf dem Tisch.
Das Münchner Forum lud am Dienstag den 6. Juni zur Erläuterung der Neustrukturierung des großen Areals die involvierten Personen ins SV-Forum:
Prof. Christiane Thalgott, Stadtbaurätin München
Dirk Wehinger (rechts), Geschäftsführer LEG Planen und Bauen GmbH, Investor
Stephan Hüssen (2. von rechts), Geschäftsführer FOM Real Estate GmbH, Investor
Prof. Dr. Rolf Monheim (3. von rechts), Abteilung Angewandte Stadtgeographie Universität Bayreuth
Reimund Baumheier (links), Geschäftsführer Kaufhof Marienplatz, zu dem die Passage Kaufinger Tor gehört
Richard Rüdt (2. von links), Vice-President Sireo Real Estate GmbH, Projektentwickler der Deutschen Telekom für Post Sattlerstraße
Moderation Gernot Brauer, Münchner Forum (mitte)
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Bei dieser Veranstaltung ging es um das Gesamtkonzept und die Einbindung in die Altstadt. Der Investor sagte, dass Wohnungen, ein Hotel und Einzelhandelsflächen entstehen werden. Es wurde über den unansehnlichen Platz vor der Post und die Zuwegung durch die Passage Sendlinger Tor gesprochen. Den Investoren, dem Planungsreferat und den Einzelhändlern des Hackenviertels (diese waren zahlreich gekommen) ist daran gelegen, die Fussgänger aus der Kaufingerstrasse in das "neue" Gebiet zu locken. Am Schluss der Veranstaltung kam die Sprache auf den sog. Schreiberbau. Herr von Seidlein fragte, ob tatsächlich ein Abrriss geplant sei. Zu diesem Zeitpunkt sagte Herr Wehinger noch, dass der Abriss zur Disposition stünde und erst wenn die 12 eingeladenen Architekturbüros ihre Planungen vorlegten, würde entschieden, ob ein Abriss unumgänglich sei.
Offensichtlich hat sich der neue Besitzer in der Zwischenzeit anders entschieden und den Abriss für notwendig erklärt. Das sprach sich in der Architekturszene herum, sodass der BDA am Dienstag den 18. Juli unter dem Titel "unzeitgemäß?" zur Diskussion über das bevorstehende Drama in die Architekturgalerie einlud.
Der Einladungstext des BDA:
"Das Verwaltungsgebäude des Süddeutschen Verlags am Färbergraben von Herbert Groethuysen, Detlef Schreiber und Gernot Sachsse ist vom Abriss bedroht. Das "Schwarze Haus" gehört zu den herausragenden Bauten der Nachkriegszeit und erfüllt die Kriterien eines hochrangigen Baudenkmals. Der Architektenwettbewerb für die Überplanung des SZ-Areals zwischen Sendlinger Straße, Hackenstraße, Hotterstraße und Färbergraben ist ausgelobt und es scheint, als ob die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Verbindung mit oberflächlichen Geschmacksurteilen dem eindrucksvollen Bau keine Zukunft lassen. Um die Öffentlichkeit in diese nicht nur im Münchner Kontext wichtige Diskussion einzubinden, lädt der BDA Kreisverband München-Oberbayern in die Architekturgalerie München. Mit Statements prominenter Münchner Kulturschaffender und einer allgemeinen Diskussion soll versucht werden, der Frage, was heute eigentlich zeitgemäß ist, auf den Grund zu gehen."
Michael Ziller vom BDA München-Oberbayern sagte in seiner Einführung, dass er sich die schönsten Lofts Münchens im sogenannten schwarzen Bau vorstellen könne, denn es sei ein Gebäude was berührt.
Die anschliessende Rede von Prof. Nerdinger, TU MÜnchen und Leiter des Architekturmuseums in der Pinakothek der Moderne, war ein leidenschaftliches Lob des besagten Gebäudes. Er zitierte ärgerlich das Bayerische Amt für Denkmalpflege, welches 1993 den Eintrag in die Liste der schützenswerten Gebäude ablehnte obwohl "Es eines der besten Gebäude der Nachkriegszeit ist".
Auch der Verband der Kunsthistoriker ist davon überzeugt, dass der Schreiberbau an die Qualität der Bauten von Mies van der Rohe ranreicht und selbstverständlich erhaltenswert sei.
Wolfram Stock, als "Freier" für die Süddeutsche Zeitung tätig, war in der Zwickmühle. Als absoluter Befürworter des Erhaltes des "Schwarzen Hauses" (der Zustand sei wie am ersten Tag) konnte er dies zwar in seiner Rede sehr deutlich machen, sieht sich aber nicht in der Lage seine Meinung schriftlich zu veröffentlichen. In der Süddeutschen sowieso nicht, aber auch nicht in anderen Medien wie z.B. www.muenchenarchitektur.de.
Prof. Wolfrum vom Lehrstuhl für Städtebau meinte (aus dem Publikum) dazu, dass der Süddeutsche Verlag sehr viel Geld für das Gelände bekommen hätte und sich nun nicht für den Erhalt des Gebäudes, welches dem Investor ein Dorn im Auge ist, aussprechen kann...
Der Architekt Peter C. von Seidlein las einen Brief vor, den Thomas Herzog an den Oberbürgermeister geschrieben hat. Hierdrin erläutert Herzog die Qualität und den Wert des Gebäudes für die Stadt München und bittet um Beachtung dieser Kriterien.
Nachdem Prof. Nerdinger zusammen mit der Witwe und der Tochter Schreiber aufdeckte, dass das Planungsreferat absichtlich das Gerücht in Umlauf gebracht hat, dass der Familie ein Abriss lieber sei, als ein Umbau waren die anwesenden ca. 100 Gäste endgültig schwer empört. Die Tochter von Herrn Schreiber - selbst Architektin - berichtete, dass sie im Archiv ihres Vaters Pläne aus den 80er Jahren gefunden hat, in denen er selbst eine mögliche Umplanung dargestellt hat. Diese habe sie frühzeitig dem Investor zur Verfügung gestellt. Jedoch ohne Erfolg.
Nachdem gemeinsam festgestellt wurde, dass die städtischen Ämter in dem Anliegen den Bau zu erhalten nicht von Nutzen sind, einigte man sich drauf, dass die letzte Chance darin besteht, dass die zum Wettbewerb eingeladenen Architekten sich weigern müssen den Bau zu überplanen. Daraufhin berichteten Moritz Auer vom Büro Auer+Weber und Prof. Kiessler, dass es absolut keine Möglichkeit gäbe auf diese Weise Einfluss zu nehmen. Herr von Seidlein war entrüstet über dies feige Verhalten und beschimpfte Herrn Auer. Daraufhin nahm Prof. Wolfrum die Architekten in Schutz in dem sie sagte, dass dies wirklich zu viel verlangt sei...
Prof. Keller, Landschaftsarchitektin und Mitglied des Preisgerichts war der Meinung, dass sich die Berufsverbände und die TU generell für die Verschärfung der Wahrnehmung und frühzeitigen Einschreitung in solchen Fällen einsetzen müssten.
Die Chance einzuschreiten und den Abriss zu verhindert gibt es offenbar nicht mehr. Das Preisgericht tagt am 15.09.2006.
Warum möchte der Investor das Gebäude nicht erhalten?
Er ist der Meinung, dass es nicht einladend genug sei, um die Fussgänger in den geplanten Innenhof zu locken. Das Areal soll eine bogenförmige Durchwegung zur Sendlingerstrasse erhalten (siehe Abbildung). In dem neuen Hof und den Durchgängen werdenLadenlokale entstehen. Um das gesamte Areal zu beleben wird angestrebt, die Fußgänger aus der Kaufingerstrasse durch die bestehende Passage "Kaufinger Tor" und über den Platz zwischen Parkhaus und Post zu leiten. Hauptsächlich die dunkle Farbe und der schwer erkennbare ebenerdige Durchgang veranlassen den neuen Besitzer zum Abbruch des Gebäudes.
rg
Zu den Abbildungen: Die erste zeigt den Lageplan des Geamtareals mit den betroffenen Gebäuden in dunkelgrau und dem Schreiberbau in schwarz. Die zweite Abbildung zeigt die geplante Aufteilung in Wohnen, Hotel und Geschäfte. Blau = Wohnen, Grün = Hotel, Gelb = Einzelhandel, Rot = Durchgang
Die dritte zeigt das historische Verlagsgebäude an der Sendlingertsrasse mit Position im Lageplan. Die Podiumsgäste bei der Veranstaltung des Münchner Forums. Dann folgen Fotos des Schreiberbaus und der direkten Umgebung. Das letzte Foto ist eine Arbeit von Michael Heinrich.