Das will das Architekturmuseum mit „Eine Reflexion in Bildern“ ändern: Die Ausstellung selbst ist eine Kooperation mit dem Circulo de Bellas Artes in Madrid, wo ein Team um César Rendueles in dreijähriger Arbeit den Versuch unternommen hatte, sich vorzustellen, wie Walter Benjamin sein Passagenwerk vollendet hätte, wären ihm heutige multimediale Möglichkeiten zur Verfügung gestanden. Sie wurde für München mit Unterstützung des Instituto Cervantes de Múnich vom Team um Winfried Nerdinger: Irene Meissner und Hilde Ströbl „um die Zusammenstellung einiger wichtiger Architektur-Bild-Text-Relationen“ erweitert.
Walter Benjamins Denken wurde stärker als das aller anderen Philosophen seiner Zeit von Bildern geprägt. Eine ganz besondere Rolle dabei spielen Architektur und Kunst, denn für ihn war die Beziehung der Vergangenheit zur Gegenwart nicht zeitlicher, sondern bildlicher Natur: Das Vergangene konnte über ein Bild mit dem Jetzt „blitzhaft“ zu einer „Konstellation“ zusammentreten und eine „profane Erleuchtung“ bewirken; die daran anschließende begriffliche Auseinandersetzung stellt für Benjamin nur den „lang nachrollenden Donner“ dar.
Seine „dialektischen Bilder“, mit denen er die Träume, Wunsch- und Trugbilder eines Kollektivs durchschaute, lieferten Walther Benjamin nicht nur Werke der bildenden Kunst wie Paul Klees Aquarell „Angelus Novus“, sondern als „raumgewordene Vergangenheit“ insbesondere auch Bauten und Städte – Passagen, Panoramen oder Interieurs.
Dabei, so Winfried Nerdinger, blieben „die konkreten Bilder im Denken Benjamins lange Zeit gegenüber seinen ‚Denkbildern’ zu wenig beachtet: Erst in den vergangenen Jahren seien seine spezifischen Bildwelten und die konkreten Bauten und Kunstwerke, die er in seinen Schriften beschreibt, stärker in das Interesse der Forschung gerückt.
Was bleibt, ist zweierlei: Eine beeindruckende, in sechs Kapitel unterteilte filmische Montage, die die wichtigsten Konzepte des Philosophen zum Leben erweckt, seinen Ideen eine bildhafte Dimension verleiht und sie somit wieder in die Welt der bildlichen Erkenntnis einbindet. Und eine Ausstellung über Bilder und Denken – deren Hängung etwas an die Max-Frisch-Ausstellung in der Architekturgalerie 2007 erinnert, und die gleichzeitig eine Ausstellung über die politischen, sozialen und wirtschaftlichen Krisen der 1930er Jahre ist. Vielleicht liegt darin ja einer der Gründe dafür, dass Walter Benjamin, wie es Juan Barja, der Direktor des Circulo de Bellas Artes, formulierte, „in Spanien als Denker von Tag zu Tag wichtiger wird.“
Wann bis Sonntag 19. Juni, Öffnungszeiten Di – So 10.00 – 18.00 Uhr, Do 10.00 – 20.00 Uhr
Wo Architekturmuseum der TU München, Barer Straße 40, 80333 München
Jochen Paul
Walter Benjamin | Eine Reflexion in Bildern
April 2011 | Was bei der Eröffnung in der Pinakothek der Moderne sofort auffiel, waren die vielen unbekannten Gesichter unter den „üblichen Verdächtigen“ des Vernissagen-Publikums – bislang war Walter Benjamin in erster Linie für Germanisten und Philosophen von Interesse. Ein Rückblick von Jochen Paul