Zeitgenössische Architektur in Bayern

Fünf Fragen an die „Baumeister“

Nach 20 Jahren an der Spitze des Baumeister firmiert Wolfgang Bachmann seit dem ersten Februar als Herausgeber. Über die Hintergründe des Wechsels sprach Jochen Paul mit dem neuen und dem alten Chefredakteur.

Was war der Grund für den Chefredakteurswechsel und die neue „Doppelspitze“?

Wolfgang Bachmann Bei großen Ereignissen unterscheidet man Anlass und Ursache. Der Anlass war, dass ich seit zwanzig Jahren Chefredakteur war und dieses Jahr 60 werde – ein idealer Zeitpunkt, sich zu fragen, was man in seinem Berufsleben noch machen möchte. Die Ursache war, dass ich im Rahmen der Unternehmensnachfolge mit unserem neuen Verleger Dominik Baur-Callwey darüber gesprochen habe, wie sich mein Berufsbild verändert hat und wohin sich der Baumeister weiter entwickelt. Der Verlag hat Pläne für eine deutliche Veränderung des Baumeister. Diesen Prozess begleite ich als eine Art „Editor at large“ journalistisch.

Alexander Gutzmer Der Callwey Verlag trat an mich heran, weil sie jemanden suchten, der Erfahrung mit der Entwicklung von Magazinen hat. Dabei haben Wolfgang und ich eine klare Aufgabenteilung: Ich verantworte als Blattmacher das Heft. Wolfgang unterstützt mich und die Redaktion beratend, konzipiert unterschiedliche Aktivitäten um die Marke „Baumeister“ herum – und bleibt dem Heft darüber hinaus als Kolumnist und „Premium-Autor“ verbunden.

Erste Reaktionen kritisierten, dass die beiden renommiertesten deutschsprachigen Architekturzeitschriften – Baumeister und Bauwelt – einen „fachfremden“ Chefredakteur bekamen.

AG Ich bin promovierter Kulturwissenschaftler und habe mich intensiv mit Architekturtheorie befasst. „Fachfremd“ ist also relativ. Außerdem muss man kein diplomierter Architekt oder Ingenieur sein, um über Architektur zu schreiben, sondern vor allem ein guter Journalist mit der Fähigkeit zu solider Recherche. Aber natürlich bleibt Architekturwissen zentral für die DNA des Baumeister. Auch deswegen bin ich ein Fan unserer „Doppelkonstellation“, weil dadurch Wolfgang Bachmanns Know-how und Erfahrungsschatz dem Magazin nicht verloren gehen.

WB
Und Sie dürfen nicht vergessen: Viele bekannte Architekturkritiker wie Manfred Sack oder Ulrich Conrads waren „fachfremd“.

Hat das Modell „Architekten schreiben für Architekten über Architektur“ ausgedient?

WB Nicht unbedingt. Ein Architekt mit guten journalistischen Fähigkeiten ist uns grundsätzlich der liebste Autor. Wir verstehen uns ebensosehr als journalistisches Medium wie als Plattform für die Architektengemeinde.

Wie funktioniert die Aufgabenteilung, wie kommt das Heft bei den Lesern an?

AG Für eine solche Bilanz ist es noch zu früh: Die April-Ausgabe ist das erste Heft, das ich auch inhaltlich verantwortet habe – insofern müssen Sie uns dafür noch etwas Zeit geben. Ein Magazin zu entwickeln ist ein Prozess, der von Ausgabe zu Ausgabe weiter geht. Wir führen jetzt Schritt für Schritt neue Formate ein wie Wolfgangs Kolumne „Was läuft“ oder eine Rubrik, in der Architekten berichten, für wen sie einmal arbeiten wollen – übrigens konsequent print-online vernetzt.

In welche Richtung soll sich die Zeitschrift verändern?

AG Ohne zu viel vorweg zu nehmen, ist klar, dass wir uns thematisch breiter aufstellen wollen. Architekten bleiben aber unsere primäre Zielgruppe. Doch das Berufsbild des Architekten und die Architekturwelt haben sich in den letzten Jahren rasant verändert. Für uns bedeutet das: Eine Geschichte beginnt und endet nicht immer da, wo ein Gebäude fertig gestellt ist. Außerdem ist ein Gebäude nicht automatisch eine Geschichte. Weil wir glauben, dass die DNA des Baumeister eine journalistische ist – er war immer das journalistische Architekturmagazin –, wollen wir sowohl in Bezug auf die Themen als auch auf die Stilformen noch journalistischer werden. Dieser Kurs entspricht auch der enormen Dynamik und Aufbruchsstimmung im Haus Callwey. Dafür hat Dominik Baur-Callwey mich, glaube ich, auch geholt.

WB Insofern darf Alexander Gutzmer jetzt die Zeitschrift machen, die der Markt verdient. Die Haltung unserer Verleger ist die, dass der Chefredakteur eine Zeitschrift für die Leser macht, die wir mit Hilfe der Anzeigen unterstützen. So denken nicht alle Fachverlage. Aber nur so entsteht ein gutes Magazin.

Dafür muss sich im Anzeigenbereich und auf der Ebene der Geschäftsführung etwas ändern.

AG Ein Verleger darf nicht ausschließlich in Quartalsbilanzen denken, sondern muss auch Visionen und Strategien für die nächsten Jahre entwickeln. Insofern hat er eine andere Perspektive als so mancher angestellte Geschäftsführer, sofern dieser sich ausschließlich auf kurzfristige Profitmaximierung konzentriert. Diese Perspektive ist anspruchsvoller, aber am Ende womöglich Erfolg versprechender.