Im Fachjargon der Marketer hat ein Teaser die Aufgabe, beim Kunden Neugierde zu wecken. Schlägt man dagegen in der aktuellen Ausgabe des PONS Globalwörterbuch englisch-deutsch nach, findet man „Denksportaufgabe“. Um beides – nachdenken und neugierig machen – geht es Moritz Hauschild: Mit TEASER will er eine Diskussion darüber anregen, ob es nicht „zahlreiche intelligente[re] Möglichkeiten gibt, Probleme zu lösen“ als unsere heutigen – möglichst schnellen und risikolosen – Antworten.
Die Ausstellung beschäftigt sich auf insgesamt neun übermannshohen Tafeln unter Überschriften wie „Natur nachvollziehen – Technik klug einsetzen“, „Krümmungen nutzen – effizient bauen“ oder „bekannte Bilder weiterentwickeln – neues schaffen“ mit Themen wie leichten Tragwerken, der Verästelung von Blattstrukturen und dem Blätterdach von Bäumen, Folien, Membranen und immer wieder mit Kuppeln, Schalenkonstruktionen und doppelachsig gekrümmten Flächen. Die Fußzeile der Ausstellungstafeln ergibt dabei den Satz „Mit weniger | Material | bauen | bedeutet | weniger| Aufwand | betreiben.“
Die eigentliche Keimzelle von TEASER aber sind seine Skizzenbücher, in denen er zeichnerisch alles festhält, was ihn gerade beschäftigt. Was für ein begnadeter Zeichner er ist, war leider nur am Eröffnungsabend zu sehen, als im hinteren Raum der Architekturgalerie elf seiner Skizzenbücher aus einem Jahr aufgeschlagen auslagen.
Über Ziele und Absichten der Ausstellung sprach Jochen Paul mit Moritz Hauschild.
An welchen Beispielen lässt sich der Zusammenhang von heutigem hightech und „althergebrachten“ Konstruktionen illustrieren?
Nehmen Sie den Stuhl: Mit dem wollte ich prinzipiell zeigen, dass Fläche auch bei geringer Materialstärke eine Menge tragen kann, wenn man sie wölbt. Hier gibt es keine Stuhlbeine und keinen Leim; zusammengehalten wird die stapelbare Konstruktion aus Sperrholz oder Polycarbonat lediglich von einem Klebestreifen. Nach diesem Prinzip habe ich versucht, eine Vielzahl von Bauten zu entwickeln. Allerdings geht es mit TEASER weniger um Architektur als um das Prinzipielle.
Die Einladungskarte zeigt das Blatt eines Philodendron: Welche Bedeutung hat für Sie das Thema Bionik?
Um zu überleben, mussten sich die Konstruktionen der Natur stetig den herrschenden Anforderungen anpassen. Sie waren immer Teil eines größeren Ganzen, zu dem sie ihren Beitrag leisteten. Außerdem sind sie vollständig recycelbar. Wenn wir diese Logik verstehen und versuchen, sie auf heutige Planungsaufgaben zu übertragen, kann auf diese Weise sehr intelligente Architektur entstehen.
In welcher Tradition sehen sie ihre Überlegungen?
Louis Sullivan’s 1896 geprägter Leitsatz „form follows function“ gilt bis heute unverändert. Mit der Erfahrung von seitdem 115 Jahren, unseren Datenbanken und den heutigen technischen Möglichkeiten im Rücken muss es uns gelingen, Lösungen „aus der Sache heraus“ im Einklang von Funktion und Konstruktion zu entwickeln – erweitert um das Thema Ökologie. Dabei ist mir die Natur immer Vorbild, davon möchte ich mehr verstehen.
Die Ausstellung wird im November an der Tongji Universität in Shanghai gezeigt: Was ist ihre spezifische Relevanz für China?
In China stellen sich die Themen Nachhaltigkeit und Ressourcen besonders dringlich; gleichzeitig konnte ich in Shanghai, wo ich 2004 an der Tongji Universität unterrichtet habe, beobachten, dass viele Menschen sehr intensiv und voller Neugierde nach Lösungen dafür suchen. Um aus den vielen Irr- und Umwegen, die wir unterwegs in Kauf nehmen müssen, zu lernen, spielen Erziehung und Ausbildung der heranwachsenden Generation eine zentrale Rolle.
Was muss passieren, damit sich die Bauindustrie diese Überlegungen zueigen macht?
Weil sie ihre Kunden nicht überfordern möchte, präsentiert die Bauindustrie viel Bekanntes. Der Markt erscheint mir aber prinzipiell offen für Innovation. Nur damit, und wenn wir es schaffen, unsere Kultur im Einklang mit der Tradition weiterzuentwickeln, wird es uns in Europa zukünftig gelingen, Trends zu setzen und mit neuen und kreativen Lösungen Märkte zu eröffnen.