Liebe Leser,
in einen ehemaligen Industriehafen, eine Zeche oder auch in ein cooles Fabrikgelände würde man sich gerne weggentrifizieren lassen. In Ermangelung dieser Industrieschätze tut München sich aber leider schon seit langem schwer mit solch unspießigem Wohnraum, der vor langer Zeit in dem abgnudelten Begriff "Loft" sein Supersynonym gefunden hat. Industrial Style ist so schick wie nie; jeder von uns weiß, dass man für üergroße Uhren, Blechbuchstaben oder Eisenstühle auf der Theresienstraße ein Vermögen zahlt. Aber wenn diese begehrten roughen Großgebäude - wie das Heizkraftwerk in der Müllerstraße oder der Bunker an der Ungererstraße - dann doch mal zu haben sind, werden sie von den neuen Bauherren doch weichgespült. Raus fliegen die Stahltüren, die Sichtbetonwände werden vergipskartont und die Fassade muss auch recht ordentlich werden.
Wenn jedoch die neuen Besitzer des sendlinger Heizkraftwerkes an der Drygalskiallee halten, was sie bei gestriger Pressekonferenz versprochen haben, dann können wir alle ab nächstem Frühjahr durch ein authentisch belassenes riesiges, imposantes Industriedenkmal mit nackten Stahlträgern, fetten Unterzügen und viel rußgetünchtem Beton schlendern. Inklusive obligatorischem Heizkraftwerkwanderfalkem auf dem Dach. Ich drücke die Daumen..
Ihre Regine Geibel