Fairer Zugang zu den Vergabeverfahren öffentlicher Auftraggeber! Ein Spendenaufruf der Wettbewerbsinitiative...
Stellen Sie sich vor, Sie hätten soeben die Volljährigkeit erreicht und es wird Ihnen in Bezug auf Ihr nun erlangtes Wahlrecht mitgeteilt, dass Sie leider die Erlaubnis eine Stimme abzugeben erst damit erlangen, indem Sie nachweisen, dass Sie bereits einmal gewählt haben. Auf den Einwand hin, dass das natürlich nicht möglich sei, wird Ihnen geraten, sich doch der Stimmabgabe eines erfahrenen Wahlbürgers anzuschließen, der das Recht zum wählen bereits - wie auch immer - erworben habe.
Was sich wie die Vorlage einer Kafkaschen Erzählung anhört, stellt im übertragenen Sinn die gegenwärtige Praxis bei der Ausschreibung öffentlicher Aufträge in den Bereichen Architektur, Landschaftsarchitektur und Stadtplanung dar, die fast ausschließlich nur noch frivol zu nennende, ausufernde Zugangsbeschränkungen kennen.
Dazu folgende Zahlen: Im Jahr 2012 wurden von 3785 Ausschreibungen für Planungsleistungen im Baubereich in Deutschland 41 als offene Wettbewerbsverfahren ausgeschrieben. Das sind etwas mehr als 1 Prozent. Nur ca. 11 % aller Ausschreibungen werden in Deutschland überhaupt noch als Wettbewerbe ausgeschrieben, von denen jedoch 90 % zugangsbeschränkte Verfahren sind. Zugangsbeschränkt in dem Sinne, dass man zum Beispiel den Nachweis von bis zu drei realisierten Referenzbauten gleicher Funktion in den letzten 10 Jahren zu liefern hat, um sich für das Wettbewerbsverfahren überhaupt bewerben zu dürfen. Wie das gehen soll, wenn man als junges, bzw. kleines Büro zum Zeitpunkt des Berufseinstieges nur auf solche zugangsbeschränkten Wettbewerbe stößt, muss wohl auf ewig das Geheimnis der Auslober bleiben.
Die 2011 gegründete ,wettbewerbsinitiative' hat sich zum Ziel gesetzt, diesen Zustand zu ändern.
Doch weder ein von mehr als 500 Kollegen unterzeichneter, Offener Brief unter anderem an die Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, noch diverse öffentliche und nichtöffentliche Gespräche mit den involvierten Stellen haben zur Veränderung des beschriebenen Zustandes geführt. Eher hat sich die Situation der Zugangsbedingungen zu den Vergabeverfahren weiter verschlechtert, was von den Öffentlichen Auftraggebern mit dem Hinweis versehen wird, dass die größten Büros eben auch die beste Qualität herstellen könnten.
Niemand auf Ausloberseite scheint ernsthafte Bedenken gegen die ungerechte, baukulturell kontraproduktive und wettbewerbsfeindliche Ausschreibungspraxis zu hegen - geschweige denn, dass in Betracht gezogen wird, diese zu ändern.
Aus diesem Grund hat die ,wettbewerbsinitiative' beschlossen, den juristischen Weg des Abbaus der Zugangshürden zu den Vergabeverfahren zu gehen.
Der renommierte Vergaberechtler Herr Dr. Prieß von der international tätigen Anwaltskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer sieht in diesem Zusammenhang eine vielversprechende Perspektive in der Einreichung einer Beschwerde bei der Europäischen Kommission. Anknüpfungspunkt dafür ist die Beklagung einer systematischen Verletzung der Dienstleistungsfreiheit wegen einer unverhältnismäßigen Einschränkung des Wettbewerbes durch die gängige Ausschreibungs- und Vergabepraxis. Die Kommission entscheidet dann aufgrund der Beschwerde, ob ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eröffnet wird. Im Erfolgsfall muss dieser Mangel dann auf Bundes- und Länderebene abgestellt und die Vergabepraxis korrigiert werden.
Die Dauer eines solchen Verfahrens kann 4-5 Jahre betragen. Das ist zwar lange, aber irgendwann muss jemand, so denken wir, einmal beginnen.
Parallel zu dieser rechtspolitischen Einflussnahme auf EU-Ebene kann durch die Ausarbeitung eines Papiers zur Rechtslage in Deutschland auch auf nationaler Ebene Einfluss genommen werden. Rechtlicher Anknüpfungspunkt ist hierbei ein Verstoß gegen das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung (GWB) sowie gegen § 2 Abs. 4 VOF. Möglich ist zudem, die jeweilige Behörde auf die Beschwerde bei der Europäischen Kommission hinzuweisen und so zusätzlich Einfluss auf den rechtspolitischen Umsetzungswillen zu nehmen.
Desweiteren wird angestrebt, ein Papier mit rechtspolitischen Vorschlägen zur Änderung der VOF auszuarbeiten, mit denen die Ziele der ,wettbewerbsinitiative' erreicht werden können.
Die Anwaltskosten werden bei ca. 40.000 € liegen. 20.000 € sind in den letzten Monaten auf dem Konto der ,wettbewerbsinitiative' bereits eingegangen! Wenn noch weitere 200 Architekten 100 € spenden, bzw. 400 Architekten 50 € spenden, können wir diesen Weg gehen, um die absurd hohen Teilnahmehürden zu den Vergabeverfahren anzufechten.
Jede Spende hilft. Alle Spender werden über den Verlauf des Verfahrens auf unserer Website www.wettbewerbsinitiative.de informiert. Die Spenden sind steuerlich absetzbar.
WETTBEWERBSinitiative
DKB Deutsche Kreditbank AG
BLZ: 120 300 00
Kto: 102 010 61 16