Wer möchte und wer muss in heiß begehrten Ballungsräumen leben? Und unter welchen Bedingungen? Die JUNG - Architekturgespräche unter dem Motto „Quo vadis, Wohnbau?" waren wieder einmal aufschlussreich...
Bezahlbare Wohnungen werden zu einem immer knapperen Gut, nicht nur in München. Doch wieso zieht es trotzdem immer mehr Menschen in die Ballungsräume? Der Arbeitsplatz und das kulturelle Angebot sind nur einige der Gründe. Während das Leben in der Stadt für die Einen reiner Luxus ist und der Preis für einen entsprechenden Wohnsitz gern bezahlt wird, geht es bei Anderen um existenzielle Fragen. Die Bedürfnis-Schere geht weit auseinander und wird durch die Knappheit der Fläche weiter verschärft.
Was kann der Wohnungsbau in dieser Hinsicht leisten?
Wie kann er der Nachfrage angepasst werden? Die Firma JUNG hat zu diesem Thema hochrangige Referenten und Podiumsgäste eingeladen: Sascha Zander aus dem Berliner Büro zanderroth Architekten und Herwig Spiegl aus dem Wiener Architekturbüro AllesWirdGut. Bauwelt Chefredakteur Boris Schade-Bünsow moderiert wie immer bei JUNG die anschließende Podiumsdiskussion mit Professor Alain Thierstein von der TU München und David Christmann von der PATRIZIA aus Augsburg. Dieser Diskussion hätte man angesichts des hochbrisanten Themas und der entsprechend gut ausgewählten Diskutanten gern mehr Zeit einräumen können.
Zander und Spiegl zeigen Projekte ihrer Büros – fast etwas sarkastisch wird dabei über das Dilemma im Wohnungsbau gesprochen. Es fehlt an Innovation, eingefahrene Strukturen und Konzepte sind nur schwer zu durchbrechen, so sinnvoll die Ideen auch erscheinen. Der Architekt am Ende einer Kette und gleichzeitig als wichtigstes Glied, hat sich insbesondere im Wohnungsbau (zu) vielen Restriktionen zu beugen. Das Zauberwort 'Flexibilität' findet nur langsam Eingang in den üblichen Wohnungsbau.
Während der Diskussion um die Frage, wie sich Quadratmeterpreis und Nachfrage unter einen Hut bringen lassen, spitzt sich die Stimmung auf dem Podium zu. Professor Alain Thierstein bemerkt, eine Lösung des Problems liege darin, die Wohnflächen radikal zu verkleinern und in polyzentrischen Stadtgebilden zu denken, deren Qualität sich durch eine gute Mobilitätsinfrastruktur (ÖPNV) auszeichnen. David Christmann von der PATRIZIA hingegen unterstreicht, dass die Nachfrage nach Wohnflächen mit hohen Quadratmeterzahlen ungebrochen ist und Bauträger den Bedürfnissen ihrer Kunden nachzukommen versuchen. Und schon ist die Brücke zu der Frage nach Qualität im Wohnungsbau geschlagen. Sind es am Ende in erster Linie die Nutzer, die sich zunächst auf die Vorzüge (nicht nur preislicher Art) von multifunktionalen Miniwohnungen einlassen müssen? Und was passiert, wenn alles so bleibt wie es ist: der günstige Wohnraum wird knapper, der teure wächst, die Konkurrenz um den Raum steigt. Diese prekäre Situation wird eben nicht durch den Wohnungsbau allein entschieden – „zum Glück" oder „leider", so könnte man meinen...
Die 9. JUNG Architekturgespräche unter dem Motto „Quo vadis, Wohnbau?" fanden am 20. Februar 2014 im HVB-Forum München statt. JUNG ist Partner von muenchenarchitektur.