Die Stiftung Federkiel und Kooperationspartner planen urbane Kunstinterventionen in der ehemaligen Luitpoldkaserne. Das Gelände ist UNDER (DE)CONSTRUCTION.
Konzeptuell auf den Erfahrungen der Leipziger Baumwollspinnerei aufbauend wird von der Stiftung Federkiel auf dem städtischen Gelände der früheren Luitpoldkaserne im Zentrum Münchens von Sommer 2014 – Sommer 2016 ein neues kulturelles und soziales Projekt realisiert.
Die Ende des 19. Jahrhunderts auf dem Oberwiesenfeld errichtete Luftschifferkaserne, die spätere Luitpoldkaserne befindet sich spätestens seit der Errichtung des Olympiageländes im Zentrum der Stadt. Nachdem die militärische Nutzung in den letzten Jahrzehnten schrittweise aufgegeben wurde entstand hier ein urbaner Freiraum, in dem sich eine lebendige Kulturszene ansiedelte. Das Areal am Leonrodplatz, zwischen Dachauer-, Loth- und Schwere-Reiter-Straße – von der Landeshauptstadt München geplant als neues Kreativquartier – bietet heute Potential für kreativen Freiraum inmitten der Stadt. Im Vorfeld der großangelegten Transformation des Geländes – in dem Neustrukturierung für Wohnen und Kreativwirtschaft mit einer Erhaltung der historischen Bausubstanz in Einklang gebracht werden soll – wird das Projekt UNDER (DE)CONSTRUCTION sich in künstlerischen Interventionen und Veranstaltungen mit den zwischen Verfall und Rekonstruktion begriffenen Räumen auseinandersetzen.
Unterteilt ist das Projekt UNDER (DE)CONSTRUCTION in vier Bereiche:
1. Ausstellung;
2. Kunstvermittlung;
3. Workshops und Diskussionen zur Revitalisierung des urbanen Raums;
4. Dokumentation/ Forschung
Mit der Ausstellung UNDER (DE)CONSTRUCTION werden unter der kuratorischen Leitung von Laura Sánchez Serrano vom 12. September – 18. Oktober 2014 künstlerische Interventionen stattfinden. Sowohl vor Ort arbeitende wie auch internationale Künstler werden auf den Spuren des Architekten und Konzeptkünstlers Gordon Matta-Clark mit dem Ort arbeiten, sich sowohl mit der bestehenden Baustruktur und ihrer Geschichte, als auch mit dem Transformationsprozess auseinandersetzen. Dekonstruktion kann dabei als künstlerischer Prozess verstanden werden, ein Bewusstsein für diesen großflächigen innerstädtischen Freiraum zu schaffen und die »Architektur der Architektur« der geplanten Restrukturierungsmaßnahmen im Sinne Derridas offenzulegen. Mit medialen Arbeiten, Installationen, Performances und Aktionen wird sowohl die Geschichte des Ortes als auch seine Transformation mit künstlerischen Mitteln kritisch hinterfragt.
Ziel ist es, das im Prozess begriffene Kreativquartier gerade durch die Einbindung der Münchner Bürger und lokaler Akteure zu einem Viertel mit starker, eigenständiger Identität zu entwickeln. Die Vorläufigkeit des in Veränderung begriffenen Kulturquartiers ist damit eine für München wirklich einzigartige Chance über das repräsentative Kunstareal hinaus ein Zentrum für die vielfältige künstlerische Szene der Stadt entstehen zu lassen: Kein neues Museum, sondern ein lebendiges, internationales, künstlerisches Experimentierfeld für München.
Das gesamte Gelände wird dafür in Zusammenarbeit mit der auf dem Gelände agierenden Kooperationsgemeinschaft Labor München für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Ende August wird mit dem ausfaltbaren Containermodul COCOBELLO des Münchner Architekten Peter Haimerl eine mobile Struktur aufgebaut und dient als zentrales Informationsportal für Besucher. Um die Akteure vor Ort, Anwohner und interessierte Bürger in den Prozess mit einzubinden, werden Workshops und Podiumsdiskussionen zum Thema Revitalisierung des urbanen Raums organisiert. Prof. Giacomo Pirazzoli vom Florentiner Institut GreenUP wird auf Einladung von Q+A Panels einen Workshop anbieten. Gemeinsam sollen Vorschläge einer grünen Infrastruktur mit urbanen Nutzpflanzen im Kreativquartier erarbeitet werden. In Kooperation mit der HFF wird eine Filmreihe zum Thema Konstruktion/ Dekonstruktion organisiert. muenchenarchitektur wird zum zweiten Talk aus der Reihe "München und sein Image" einladen. Darüber hinaus wird es verschiedene Performances, Lesungen, Konzerte und DJ-Sets geben. Prof. Axel Sowa, Leiter des Lehr- und Forschungsgebiets Architekturtheorie an der RWTH Aachen mit Stundenten wird das Projekt wissenschaftlich begleiten, dokumentieren und evaluieren. Thema des projektbegleitenden Seminars wird die »Verzeitlichung« von Architektur sein: Zyklen der Nutzung inkl. der sog. Zwischennutzung, Zyklen der öffentlichen Aufmerksamkeit, des Auf- und Abbaus, der Nachhaltigkeit von Strukturen und Botschaften.
Alles in Allem ist UNDER (DE)CONSTRUCTION im Kreativquartier damit eines der vielversprechenden neuen Projekte für München nachhaltig einen innerstädtischen Ort für Künstler und experimentelle Formate zu schaffen. Eine Münchner Heterotopie im eigentlichen Sinne Foucaults, ein Ort mit einer eigenen spezifischen sozialen und Raumstruktur, die neben den weltberühmten Sammlungen und hochgeschätzten Museen im Kunstareal eine neue, und ja vielerseits vermisste Dimension der künstlerischen und kreativen Produktion in einem urbanen Raum von städtebaulicher Dimension bringt. Eine Gelegenheit in einem ersten Schritt freilich, die nur durch die Partizipation der Bürger funktioniert: das Interesse der Münchner, diesen anderen Ort für sich selbst zu erschließen. In diesem Sinne sollten Sie sich selbst ein Bild machen:
UNDER (DE)CONSTRUCTION
mit The Chapuisat Brothers, Nicolás Combarro, Jonas Etter, Hisae Ikenaga, Folke Köbberling, Florian Lechner, Boris Maximowitz und Michael Schrattenthaler
Kuration: Laura Sánchez Serrano
Vernissage: 12. September 2014, 18.00 Uhr
Dauer: 13. Sept - 18. Okt 2014
geöffnet: Mi-Sa 15-22 Uhr, So 15-19 Uhr
Im Kreativquartier München, Dachauerstraße/ Schwere-Reiter-Straße