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"Das Wunder von Blaibach".
Der Tatort: ein (fast) verlassenes Dorf, tief im Bayerischen Wald
Blaibach, ein kleiner Ort in der Oberpfalz. Wir schreiben das Jahr 2010. Öd und leer ruht der Ortskern. Bröckelnde Fassaden, leere Schaufenster allenthalben. Der alte Kramerladen, der Dorfbäcker – sie haben längst dicht gemacht. Das denkmalgeschützte Waldlerhaus: dem Verfall preisgegeben. Die Schule: geschlossen. Das Schwimmbad: verlassen. Das Schloss: halb verfallen. Der scharfe Wind des Bayerwalds bläst unbarmherzig durch die leeren Straßen. Übrig gebliebene Einwohner: 2000, Tendenz sinkend, Fremdenverkehr: stark rückläufig. Zukunftsaussichten: fatal. Kaum zu glauben, dass der Ort vor nicht allzu langer Zeit noch den Wettbewerb "Unser Dorf soll schöner werden" gewonnnen hat...
Eine städtebauliche Tragödie wird zum spannenden Krimi
Die Lage scheint desolat. Kann die brachliegende Ortsmitte noch gerettet werden? Seit Jahren versucht die Gemeinde, das Zentrum durch strukturelle Maßnahmen wieder zu beleben. Mit sehr mäßigem Erfolg. Man hat die Hoffnung fast schon aufgegeben.
Doch dann beginnt ein Revitalisierungsprozess, den die Presse nur vier Jahre später begeistert „das Wunder von Blaibach" taufen wird. Auslöser: ein Städtebau-Förderungsprogramm der Bayerischen Staatsregierung namens „Ort schafft Mitte". Das ehrgeizige Projekt wird sich rasch als klassisches Lehrstück der Kommunalpolitik erweisen. Denn viele ganz unterschiedliche Akteure mit unterschiedlichen Interessen mischen mit – und das nicht immer einvernehmlich: Bürger, Gemeinderäte, Hausbesitzer, der beauftragte Architekt Peter Haimerl sowie diverse Behörden.
Viele Akteure spielen mit
Es ist vor allem dem Mut, der Hartnäckigkeit und dem großen Durchhaltevermögen von Peter Haimerl zu verdanken, dass das Projekt nicht auf halber Strecke zum Erliegen kommt. Über vier Jahre lang kämpft der gebürtige Niederbayer, der nur wenige Kilometer von Blaibach entfernt geboren wurde, um seinen Traum von einer lebendigen Heimat. Allerdings nie gegen, sondern immer mit den Blaibachern, denn deren aktive Einbindung in sämtliche Planungs- und Entscheidungsprozesse ist ihm genauso wichtig wie der federführenden Obersten Baubehörde.
Und dann holt er noch einen weiteren potenten Player dazu: den erfolgreichen Bariton Thomas E. Bauer, der schon lange für sein „Kulturwald-Festival" nach einem neuen Spielort sucht. Er verliebt sich in Blaibachs malerische Kirche, das barocke Schloss, das alte Waldlerhaus und entwickelt die kühne Vision, mitten in der brach liegenden Ortsmitte ein modernes Konzerthaus zu errichten. Als Spielstätte für sein Kulturwald-Festival.
Das Drama bekommt ein Happy End
Mit der Eröffnung des Konzerthauses am 12.9.2014 ging sowohl für Architekt Peter Haimerl und seine Mitstreiter als auch für das Team des Bayerischen Fernsehens eine aufregende, fast fünfjährige Produktionszeit zu Ende. Immer wieder ist das BR-Team nach Blaibach gefahren, hat alle Höhen und Tiefen des Städtebaukrimis miterlebt. Der BR-Langzeitdokumentation von Carina Bauer gelingt es, das Abenteuer Ortserneuerung mit seinen komplexen Prozessen abzubilden und einen einzigartigen, spannenden Einblick in die nachhaltige Weiterentwicklung unserer Heimat zu bieten.
Wie gute Architektur ein Dorf gerettet hat
Nicht alles, was geplant war, wurde bis zur Eröffnung fertig. Doch Blaibachs Zentrum ist nicht wiederzuerkennen. Das hypermoderne Konzerthaus: ein absoluter Hingucker. Wie das zeitgemäß sanierte Bürgerhaus und das frisch herausgeputzte Waldlerhaus, die nicht nur die Blicke, sondern künftig hoffentlich auch wieder Besucher anziehen. "Erst in ca. einem Jahr wird alles wirklich komplett fertig sein", sagt Peter Haimerl. Doch schon jetzt ist klar: Hier wurde etwas in Gang gesetzt, das noch lange nachwirken wird.
Das zukunftsweisende Projekt soll auch für andere Ortsentwicklungen in strukturschwachen, ländlichen Regionen als Blaupause dienen. „Heimat"-Regisseur Edgar Reitz war schon da, um sich Anregungen für seinen eigenen Heimatort Morbach (im Film: "Schabbach") im Hunsrück zu holen.
Die "dorfgeschichten" zeigen viele weitere bayerische Orte, die sich selbst helfen
Die Reihe "dorfgeschichten" geht weiter mit einem Film über Aschau. Die Gemeinde im Chiemgau ist bundesweit der erste Ort dieser Größe, der sich einen Gestaltungsbeirat leistet. Wie dieser helfen will, den Ort zukunftsfähig zu machen, zeigt die Dokumentation "Aschau. Ein bayerischer Ort im Wandel", am 5.10.2014, 15.30 Uhr im Bayerischen Fernsehen.