Wenn sich 21 Akteure aus Architektur, Kunst, Politik und Presse um einen großen Tisch versammeln, gibt es... angeregte Diskussionen und einige städtebauliche Anregungen.
Zum ‚open table' letzten Samstag in der Lothringer13 Halle kamen wohl an die 400 Interessierte. In Kurzbeiträgen präsentierten Architekten, Stadtplaner, Künstler, Regisseure, Politiker und Wissenschaftler ihre Thesen für einen besseren Wohnungs- und Städtebau in München.
Die individuellen Perspektiven der Sprecher trafen in 10-minütiger Abfolge in vier bunt gemischten Blöcken mit anschließenden moderierten Diskussionsrunden aufeinander – ein Format, das kurzweilig genug war, sodass die meisten Gäste tatsächlich den ganzen Tag lang bis zum Ende der Veranstaltung um 18.30 Uhr blieben. Keine Selbstverständlichkeit, aber auch kein Wunder angesichts der Fülle angerissener Themen und der gut gewählten Bandbreite der Referenten.
Geladen hatte die erst vor zwei Monaten gegründete Kooperative Grossstadt, deren 16 Gründungsgenossen die Veranstaltung als Ideengenerator und Akquisemöglichkeit für weitere Mitglieder sahen, auch wenn es bis zum ersten Bau der Kooperative wohl noch etwas dauern wird. Die junge Wohnbaugenossenschaft versteht sich als „offene Bewegung, die München nach neuen Potentialen, Orten und Bauplätzen durchforstet und zukünftig mit verschiedenen Gebäuden und Interventionen die Stadt für ALLE weiterbauen" möchte. Der Uniformität im derzeitigen Wohnungsbau sollen neue Typologien entgegengestellt werden, „die den vielfältigen Lebensentwürfen der Bewohner Raum bieten können."
Die Frage: In welchen Städten und Häusern wollen wir zukünftig leben, und wie können diese Ideen für ein gemeinschaftliches, urbanes Leben realisiert werden?
Themen aus den Gesprächsrunden:
Baugenossenschaft als Kampfgemeinschaft für die Stadt, Schwellenräume des Wohnens als Kontakt- und Konfliktzone, knochenharte Arbeit am Grundriss, Ist nur die Innenstadt die echte Stadt? Bauen wir Siedlungen oder Stadt? Was ist der Maßstab für gutes Bauen?
Statements der Teilnehmer:
„Es gibt keine schlechten Standorte, sondern nur uninspirierte Projekte." – Andreas Hofer, Genossenschaft Kraftwerk, Zürich
„Wohnen sollte von Rendite freigehalten werden." – Daniel Glaser, Wohnbauforschung der Stadt Wien
„Es geht nicht um die Großküche, sondern viele verschiedene Zubereitungsarten." – Christoph Hochhäusler, Regisseur, Berlin
„Wo beginnt eigentlich unser Zuhause?" – Roland Züger, Redakteur werk, bauen+wohnen, Zürich
„Es muss kein Wohnexperiment sein, wenn man die Tür öffnet." – Laura Weißmüller, Journalisitn Süddeutsche Zeitung, München
„Man kann die Qualität haben und die Masse." – Verena Schmidt, Teleinternetcafe und Architektur, Berlin
„Das Wohnen nicht vom Stadtraum abziehen." – Anne-Julchen Bernhardt, BeL Architekten, Köln
„Das mathematische Delta fehlender Wohnungen in München." – Benjamin David, die urbanauten, München
„Gebäude mit verschiedenen Nutzungsarten sind im Kommen." – Christian Hadaller, Kooperative Grossstadt, München
„Nicht jede Fläche muss sich rechnen." – Anna Hanusch, Stadträtin Bündnis 90/Die Grünen, München
„Schaut euch die Peripherie an!" – Jörg Koopmann, Fotograf & Kurator Lothringer13 Halle, München
„Auch alte Ideen können wieder aufgegriffen werden." – Hilde Strobl, Kuratorin Architekturmuseum TU München
„Gebäude überdauern, weil sie architektonische Qualität haben, sicher nicht, weil sie gut gedämmt sind." – Christian Inderbitzin, EMI Architekten, Zürich
„Wenn ich auf einer Party mal allein sein will, fange ich an, von Freiham zu erzählen." – Markus Sowa, Kooperative Grossstadt, München
„Die aktuelle Architektur steckt in der Krise." – Nils Buschmann, Robertneun Architekten, Berlin
„Wir haben in München ein sehr verkrampftes Verhältnis zum Thema Dichte." – Marion Wolfertshofer, Leitende Baudirektorin, München
„Komplex denken, einfache Lösungen suchen." – Jürgen Patzak-Poor, BARarchitekten, Berlin
„Nach einem Jahr in München kenne ich jedes Format der Münchner Gehwegplatte." – Dominik Bückers, Studio Vulkan Landschaftsarchitektur, München
„Gemeinschaftliches Leben ist ansteckend." – Ute Fragener, Genossenschaft Sargfabrik, Wien
„Architekturwettbewerb als Schlüssel zum qualitätvollen Wohnungsbau." – Ursula Müller, Bereichsleiterin Projektentwicklung, Amt für Hochbau, Zürich
„Architektur der Einnistung auf allen Unflächen der Stadt, dann hat sich das Wohnungsbauproblem Münchens in 1 Jahr erledigt." – Matthias Lilienthal, Intendant Münchner Kammerspiele, München