Neue Stühle für die Heilig-Kreuz-Kirche in Giesing oder wie eine Traditionsmanufaktur nach Kundenwunsch arbeitet.
Das Werk der ältesten Stuhl- und Tischmanufaktur der Schweiz befindet sich in Glarus, rund eine Stunde von Zürich entfernt. Hier produziert die Möbelfabrik Horgenglarus seit 135 Jahren zeitlose Entwürfe, die in bis zu 50 Arbeitsschritten gefertigt werden. Schon 1925 präsentierte Le Corbusier Stühle von Horgenglarus auf der internationalen Kunstgewerbeausstellung in Paris; Architekten und Designer wissen das traditionelle Handwerk und die Qualität der Produkte von jeher zu schätzen.
Eine besondere Spezialität des Traditionsunternehmens sind Möbel, die je nach Kundenwunsch individuell gefertigt werden können. So gelang es in diesem Jahr mit Klaus Bogner vom Baureferat des erzbischöflichen Ordinariats in München zusammenzuarbeiten. Im Rahmen der umfangreichen Restaurationsarbeiten der Heilig-Kreuz-Kirche in Giesing verfolgten der Architekt Andreas Hlawaczek aus München das Ziel, die vorhandenen festen Sitzbänke um mobiles Mobiliar zu erweitern. Dabei sollten die Stühle eine luftige Anmutung haben, die den Blick auf den Boden nicht zerstören und sich gleichzeitig in den neugotischen Kirchenbau perfekt einfügen. Insgesamt 20 Entwürfe verschiedener Anbieter standen dafür zur Auswahl. Am Ende fiel die Entscheidung zwischen drei Vorschlägen der helvetischen Möbelmanufaktur. Seit der Wiedereröffnung der Kirche im November kann die Gemeinde nun auf handgeflochtenen Sitzflächen von Horgenglarus Platz nehmen.
Schon im vergangenen Jahr konnten die Schweizer ihre Expertise bei der Bestuhlung des Weltkulturerbes Mariendom Hildesheim unter Beweis stellen. Auf Initiative des verantwortlichen Kölner Architekturbüros Schilling fertigte Horgenglarus 1000 Exemplare des eigens vom Studio Meda in London entworfenen „Cathedral-Chair". Diese Aufträge stehen in einer langen Reihe von Sonderanfertigungen. Dazu zählt auch die Rekonstruierung von denkmalgeschütztem Mobiliar, dass zum Beispiel beim Zunfthaus zur Zimmerleuten in Zürich 2007 durch ein Feuer zerstört wurde. Hier ist es erwähnenswert, dass die kleine Manufaktur kaum 50 Mitarbeiter beschäftigt, aber dennoch über enorme Flexibilität in allen Bereichen verfügt. Und dabei traditionelle Handwerkskunst, wie das Holzbiegen mit modernster CNC-Technik kombiniert. Ein Mix, der offenbar auch Herzog & de Meuron überzeugt. Das international renommierte Architekturbüro pflegt seit vielen Jahren eine enge Zusammenarbeit mit der Möbelfabrik. So auch bei der Neugestaltung der Räumlichkeiten im Volkshaus Basel. Das Gebäude beherbergt ein Restaurant, dessen ursprüngliche Bestuhlung, bereits in 1920er Jahren von Horgenglarus produziert wurde. Herzog & de Meuron ließen den sogenannten Volkshaus-Stuhl nachbauen, dabei war die Prämisse den Stühlen nun mehr Individualität zu verleihen und jedes der 255 Exemplare mit einer unterschiedlichen Rückenlehne zu versehen. Ein typischer Auftrag für die Schweizer Stuhlexperten, die auf Grundlage von präzisen Vorgaben der Architekten die außergewöhnlichen Unikate aus Holz anfertigten.
Horgenglarus produziert eine umfangreiche Kollektion von Tischen, Stühlen und Barhockern. Darunter sind Entwürfe namhafter Gestalter, wie Max Moser, Max Ernst Haefeli, Jürg Bally und Hannes Wettstein zu finden.