Ehemalige Konzernzentrale wird zum südlichsten Wohnhochhaus Deutschlands.
Kilometerweite Ausblicke über Stadt und Land waren über Jahrzehnte hinweg entweder ein Privileg der Chefetage – oder ein Merkmal ungeliebter Trabantenstädte in wenig gefragten Randlagen. Doch seit einigen Jahren wird Hochhauswohnen auch hierzulande wieder als eine echte Alternative zur perspektivlosen Versiegelung urbaner Neubaugebiete diskutiert. Nun wird die ehemalige Siemens-Konzernzentrale in München-Obersendling revitalisiert: aus nüchternen Büros werden rund 270 attraktive Wohnungen im „südlichsten Wohnhochhaus Deutschlands" wie es die Isaria Wohnbau AG tituliert. Sie bezieht sich dabei auf die Lage am südlichen Stadtrand Münchens.
Der Projektentwickler hatte den Bau voriges Jahr von Hubert Haupt übernommen, der das asbestbelastete Objekt 2005 gekauft hatte, für die Büros allerdings keine Abnehmer fand. Die Umwandlung vom Büro- zum Wohnturm war politisch umstritten, wurde vom Stadtrat aber schließlich bewilligt. Derzeit wird das Gebäude entkernt und vom Asbest befreit. Der eigentliche Umbau soll 2018 starten und bis Ende 2020 dauern.
Das 1962 nach Plänen des Münchner Architekten Hans Maurer errichtete Gebäude stellt Bauherren und Planer vor echte Herausforderungen. Die grundsätzliche Eignung zum Wohnen wurde lange diskutiert – gleichzeitig gab es Bedenken, es entstünden lediglich unerschwingliche Luxuswohnungen und das historische Erscheinungsbild würde durch die neue Nutzung aufgegeben. Der aus dem Wettbewerb im Mai 2015 hervorgegangene und nun weiter entwickelte Entwurf des Büros Meili, Peter Architekten, München, räumt solche Zweifel aus: Die neue Fassade nimmt den Rhythmus der alten auf und wahrt so ein wesentliches Gestaltungsmerkmal.
Besonderes Augenmerk haben die Architekten auf die Planung der Nord-Wohnungen gelegt und neben durchgesteckten und Über-Eck-Wohnungen eine weitere Grundrissvariante entwickelt: Die „Duplexwohnungen" zeichnen sich durch eine zweigeschossige Loggia aus, die von jeder der beiden Wohnebenen aus zugänglich ist.
Die vorgeschriebene 30-prozentige Quote an geförderten Wohnungen erfüllt die Isaria Wohnbau AG teils in Abstimmung mit der Patrizia AG, die auf dem benachbarten Siemens-Campus ab 2018 weitere rund 1.000 Wohnungen und ein ergänzendes Nahversorgungsangebot baut. Im Turm verbleibt ein Anteil von 16 Prozent Wohnungen nach dem München Modell. Die Stadt hätte diese gerne über das ganze Gebäude verteilt gesehen, die Isaria beschränkt sie aber eher auf die unteren Stockwerke.
Zumindest für die oberen Stockwerken gilt: Auch jetzt schon stellt man als Besucher des Turms schnell fest, dass der Blick nach Norden, auf die sich immer wieder verändernde Stadt, mindestens das gleiche Begeisterungspotenzial hat, wie der auf die Berge.