Das Architekturbüro Auer Weber plant das neue Empfangsgebäude des Hauptbahnhofs sowie den Umbau des Stadtmuseums. Was wir zu erwarten haben...
Zentraler Omnibusbahnhof, Kleine Olympiahalle, Technisches Betriebszentrum: Mit modernen Zweckbauten hat das Architekturbüro Auer Weber in den letzten Jahren im Münchner Stadtbild Spuren hinterlassen. Bislang waren das nach Ansicht von Moritz Auer allerdings eher „leise Projekte", die „in der urbanen Situation nicht so erkennbar waren". Deutlich mehr „im Fokus" stehen zwei Vorhaben in München, die jetzt beschlossene Sache sind: das neue Empfangsgebäude des Hauptbahnhofs sowie der Umbau des Stadtmuseums.
„Jeder kennt die schwierige Ausgangslage und weiß, dass sie keine Visitenkarte ist, bei der es bleiben kann", bringt Martin Klemp, Assoziierter und Projektleiter, das Problem des Bahnhofs auf den Punkt, auf dessen Vorplatz häufig Verkehrschaos herrsche und dessen Haupteingang alles andere als einladend sei. Bereits 2003! wurde daher ein internationaler Architekturwettbewerb für die notwendigen Veränderungen ausgeschrieben, als dessen Resultat Auer Weber den Zuschlag bekamen. Seit 2006 bearbeitet dort ein eigenes Team in unterschiedlich starker Besetzung das Großprojekt. Nach teilweise längeren Unterbrechungen nimmt es nun konkrete Formen an. Denn die letzte wichtige Entscheidung fiel mit dem finalen Beschluss der zweiten Stammstrecke Ende Dezember 2016. „Damit ist auch der Weg für die Hochbauplanung frei", freut sich Moritz Auer. „In der Mitte wird es ein riesiges Ingenieurbauwerk als Nukleus geben, auf dem wir aufbauen." Dreh- und Angelpunkt soll eine „großzügige" Empfangshalle sein, die ein 21 Meter hoher, durchgängiger Raum in Richtung Gleishalle bestimmt. Rechts und links von diesem „Stadtfoyer" werden auf bereits bestehenden „Fußabdrücken" zwei Innenhöfe mit fünf Geschossen für Läden, Gastronomie, Bahn-Dienste und -Logistik sowie Büros umbaut. Seitlich setzt sich das nach hinten verschlankende Gebäude entlang der Bayerstraße und Arnulfstraße mit einer transparenten Außenfront fort, die – wie das Portal – ein nach oben abgeschrägtes „körperhaftes" Dach aus metallischem Material überragt. Auf einen Durchbruch, als direkten Zugang zu den Gleisen 27 bis 36, folgt ein Neubau auf dem Areal des heutigen Starnberger Flügelbahnhofs, inklusive einem zurückversetzen, ca. 75 Meter hohen, schlanken Hochhaus mit 20 Etagen voraussichtlich für Büros und einer öffentlichen Aussichtsplattform.
„Es gibt Spuren im Bestand, die wir aufnehmen", fasst Moritz Auer zusammen und Martin Klemp ergänzt: „Unsere zentrale Aufgabe ist es, einen funktionalen, öffentlichen Raum mit viel Aufenthaltsqualität zu schaffen, der nach außen hin offen wirkt." Mittel zum Zweck sind große Glasflächen, die wie ein Schaufenster sowohl Ein- als auch Ausblicke ermöglichen und so eine Art Sichtachse von den ein- und ausfahrenden Zügen durch das Foyer über den vom Individualverkehr befreiten Vorplatz in Richtung Bayerstraße, Stachus und Innenstadt schaffen. Genaue Termine ließen sich wegen der Komplexität der Aufgabe und Infrastruktur momentan nicht vorhersagen. Realistisch sei es, drei Jahre vor Abschluss der Bauarbeiten zur 2. Stammstrecke anzufangen, weil dann ein großer Teil davon fertig sei und statisch belastet werden könne. Wird die Stammstrecke wie momentan vorgesehen von 2018 bis 2026 gebaut, kann der Empfangsgebäude ab 2023 Formen annehmen und laut Martin Klemp vorsichtig vorsichtig ausgedrückt in den „20er Jahren" mit einer Fertigstellung gerechnet, der Starnberger Flügelbahnhof aber unabhängig davon vorgezogen werden. Bis dahin müssen alle Baumaßnahmen bei laufendem Bahnhofsbetrieb über die Bühne gehen. Am Ende der damit verbundenen Beeinträchtigungen für momentan rund 350.000 Passagiere und Besucher pro Tag winkt nach Ansicht von Moritz Auer und Martin Klemp eine „Riesenchance" – sowohl durch den neu geschaffenen Ort selbst als auch aufgrund seiner Ausstrahlung auf das Quartier, das in ihren Augen „stark aufgewertet wird."
Einen „Dornröschenschlaf" möchte das Büro Auer Weber im Fall des Münchner Stadtmuseums beenden. Nach einer europaweiten Ausschreibung erhielt es unter 23 Mitbewerbern Ende Juli 2015 den Auftrag für dessen Umbau und Generalsanierung. Noch offen ist, ob das Museum währenddessen in Teilen geöffnet bleibt oder eine vorübergehende Schließung ansteht; die Kosten wurden in den Medien auf rund 100 Millionen Euro geschätzt. „Momentan spielt das Haus sein Potenzial nicht aus, weil ein Großteil des Fundus nicht gezeigt werden kann", so Moritz Auer. Innerhalb der gewachsenen Struktur mit sechs Gebäuden aus dem 15. bis 20. Jahrhundert müsse man einerseits aufräumen und neu ordnen, anderseits zusätzliche Flächen schaffen. Geschehen soll Letzteres durch einen frei stehenden Kubus, der leicht verdreht in den zukünftig überdachten Hof des so genannten Gsaengertrakts implementiert wird. In seinem Inneren, das umlaufende Galerien prägen, birgt er sowohl den Empfangsbereich als auch Platz für Wechselausstellungen.
Außen sind an mehreren Stellen brückenartige Verbindungen von diesem „Herzstück" zu den Bauten drumherum vorgesehen, die aus mehreren Jahrhunderten stammen und allesamt unter Denkmalschutz stehen. „Das gesamte Haus ist statisch sehr sensibel. Gewisse Eingriffe sind aber unabdingbar", umreißt Moritz Auer die „diffizile" Herausforderung, Alt und Neu zu verbinden. Unter anderem sei für die Fensterbereiche eine Ertüchtigung durch eine zweischalige Konstruktion vorgesehen, um Dämmung, Heizung und Belüftung zu erleichtern und bestehende Räume für eine ruhigere Inszenierung großer Themen abdunkeln zu können. Werkstätten, Haustechnik und Lager werden in das umstrukturierte Untergeschoss verlagert, denen einige Stellplätze weichen. Weiteres Novum ist ein trichterförmiger Eingangsbereich, der vom Rindermarkt in den Komplex führt. Die Einrichtung der Ausstellungsräume von der Szenographie bis hin zur Beleuchtung übernimmt in einer „intensiven Zusammenarbeit" das Stuttgarter Atelier Brückner, das am 10.2.2017 den German Design Award Gold 2017 für das Ethnographische Museum in Genf bekommt. Derzeit angedacht ist die Möglichkeit, die 80 cm starke „Speckschicht" des als Black Box angelegten Kubus mit Licht zu bespielen oder ausgewählte Inhalte auf andere Weise zu zeigen.
„Für uns als Münchner Büro ist es eine großartige Aufgabe, das Museum der Stadt in dieser prominenten Lage neu gestalten zu dürfen", begeistert sich Moritz Auer. „Zusammen mit dem Hauptbahnhof gestalten wir zwei ganz wichtige Projekte – eine Möglichkeit, die man nicht alle Tage bekommt."