Zeitgenössische Architektur in Bayern

Glotze geht auch schön

AD, Loewe, Bodo Sperlein und die Sammlung Goetz gemeinsam in den Neuen Werkstätten. Das versprach ein interessanter Abend zu werden... Vorgestellt wurden - von einem Designer, der für Formen aus Silber und Keramik gefeiert ist - entworfene Fernseher! Lesen Sie die sexy Antworten auf meine Fragen an Mark Hüsges und Bodo Sperlein!

Zusammen mit Loewe und der Sammlung Goetz lud AD zur Installation „Kunstbilder" des Künstlers Gerwald Rockenschaub in die Neuen Werkstätten ein. Loewes Creative Director Bodo Sperlein, bekannt für seine Entwürfe für z. B. Tane, hatte sich der schwierigen Aufgabe gewidmet aus einem Fernsehgerät etwas Schönes zu machen. Und, ist es ihm gelungen? Sehen Sie selbst! Zwei verschiedene Modelle, das eine, bild 5 oled genannt, im Materialmix aus Holz und gebürstetem Aluminium, auf drei Beinen oder wandhängend. Das andere - bild 9 - in einem skulpturalen Metallrahmen, matt messingfarben oder dunkel, inspiriert von den Golden Twenties und Art déco. Das, so der Designer, sei „Hightech mit Seele und einem Touch Cosyness". Und damit man nicht die schwarze Mattscheibe anschauen musste, hat Dr. Gockel von der Sammlung Götz die Arbeiten eines ehemaligen DJs und jetzt renommierten Minimal-Künstlers ausgewählt, die sich meditativ über den Bildschirm bewegten.

Bei so vielen hochrangigen Gastgebern waren trotz etlicher anderer interessanter Einladungen und Hochsommertemperaturen viele viele Gäste gekommen, die schwitzend aber interessiert den Erläuterungen der Protagonisten lauschten.

Und für diejenigen, die nicht da waren oder die Hintergründe kennen möchten, habe ich den verantwortlichen Designer Bodo Sperlein sowie seinen innovativen Auftraggeber Mark Hüsges (einer der beiden Loewe-Chefs) nach ihren Absichten und Leidenschaften befragt:

Interview mit Bodo Sperlein

1. Was war beim Design von Fernsehgeräten für Sie die größte Herausforderung? Die Kombination mit der Technik? Die geforderte Zurückhaltung in der Gestaltung? Ihre eigene berufliche Historie? Die Historie des Unternehmens Loewe?

Die futuristischen Displays eines Fernsehers sind flache, ultradünne schwarze Scheiben. Und die sehen alle gleich aus. Als erstes fragte ich mich natürlich, was mache ich mit einer schwarzen Scheibe? Wie mache ich eine schwarze Glasscheibe sexy?

Als Produktdesigner, der sich hauptsächlich mit Einrichtungsgegenständen wie Geschirr, Lampen und Möbeln beschäftigt, bin ich fasziniert von handwerklichem Können und Materialität. Das war für mich natürlich eine spannende Herausforderung, plötzlich ein technisches Gerät zu entwerfen. Mir war wichtig, den TV wieder in den Mittelpunkt des Raumes zu bringen. Der Fernseher sollte wieder zum Objekt werden, das einen Raum, ein gesamtes Interior bereichert. Warmer Minimalismus, der sich eher an Skulpturen und Möbeln orientiert, als an den etwas langweiligen und seelenlosen Geräten vieler Hersteller.

Ihre eigene berufliche Historie?

Ich lebe seit über 15 Jahren in London. Dort habe ich am renommierten Camberwell College of Art Produktdesign studiert.

Ich designe für eine Vielzahl von Firmen gesamte Kollektionen. Meine Produktdesign-Agentur ist auf Interior Produkte und Markenberatung spezialisiert.

Der Sitz meines Studios ist am Londoner Kreativ-Hub ‚South Bank' an der Themse, mitten in Central London.

Ich bin ein großer Fan von ‚Hightech meets Lowtech' und finde es unheimlich spannend, altes Handwerk mit zeitgemäßen Herstellungsweisen zu kombinieren.

Qualität, Langlebigkeit und Zeitgeist sind Attribute, die bei meinen Produkten des Öfteren von der Presse attestiert werden. Meine Kunden sind hauptsächlich aus der Luxusbranche (wie z.B. LVHM Group, Swarovski, Mulberry, Tane, Nikko etc.), wo beste Materialien und Qualität noch ungeheuer wichtig sind.

Die Historie des Unternehmens Loewe?

Loewes Geschichte ist faszinierend. Die ist beinahe filmreif. Loewe wurde 1923 von den Brüdern Siegmund und David Ludwig Loewe gegründet. Und: Loewe hat das Fernsehen erfunden! Das wissen viele gar nicht. Auf der Funkausstellung in Berlin 1931 zeigte Loewe zum ersten Mal eine elektronische Fernsehübertragung. Die Technik dazu entstand mit dem genialen Erfinder, dem Physiker Manfred von Ardenne. Das war der damalige Chefingenieur von Loewe. Das Unternehmen hat auch den ersten tragbaren Fernseher entwickelt. ‚Loewe Art 1' wurde in den 1980er Jahren im Museum of Modern Art in New York ausgestellt. Was mich absolut begeistert: Alles ist bis heute noch handmade in Kronach!

2. Wer sind Ihre zwei bevorzugten Fashion-Designer?

Hmm... Ich bin eigentlich kein großer Fashion Fan. Understatement, gute Qualität, wie z.B. bei Firmen wie John Smedley oder Uniqlo finde ich toll.

3. Wer sind ihre zwei Lieblings-Künstler(innen)?

Da gibt es einige. Ich mag die Arbeiten von Cornelia Ann Parker und Susan Hiller finde ich auch sehr spannend. Francis Bacon ist ein Künstler, der mich geprägt hat. Der amerikanische Minimalist Fred Sandbeck und seine Linienskulpturen. Kunst ist ein Spiegel der Gesellschaft und damit eine wichtige Inspiration.

 

Interview mit Mark Hüsges

1. Die Mattscheibe von Fernsehern ist im ausgeschalteten Zustand immer schwarz; ich finde das scheußlich. Hat Loewe als innovatives, designorientiertes Unternehmen hierfür etwa eine Lösung?

Kürzlich hatte jemand unsere neuen OLED-Fernseher als "Sex an der Wand" bezeichnet! Das ist doch mal ein Kompliment.

Aber grundsätzlich stimme ich zu. Die meisten Fernseher sind schlicht nicht ansehnlich. Und gerade darin sehe ich eine Mission von Loewe: Mit wohnlichem aber nicht aufdringlichem Design eine Alternative anzubieten.

Insbesondere unsere neuen OLED-Produktlinien sind nicht nur technische Meisterwerke, sondern rufen tatsächlich diesen WOW-Effekt hervor. Der ‚bild 5' ist quasi ein Möbelstück, bei dem man den Bildschirm mit einem Standfuß aus echter Eiche kombinieren kann, der ‚bild 7' ist Minimalismus pur und den ‚bild 9' mit seinem handgeschmiedeten Rahmen würde ich schon fast als Skulptur bezeichnen. Alles "Made in Germany".

Und weil wir glauben, dass unsere Fernseher auch eine interessante Plattform für Kunst darstellen, bieten wir mit unserer exklusiven Lumas App Nutzern die Möglichkeit, aus einer Vielzahl von Kunstwerken das herunterzustreamen, was gerade am besten zur Stimmung passt. Da wollen Sie den Fernseher eigentlich gar nicht mehr ausschalten bzw. das TV-Programm anschalten.

2. Ich gehe davon aus, dass auch Sie persönlich große Freude an guter Gestaltung haben. Wie sind Sie eingerichtet? Minimalistisch? Modern? Vintage? Modern mit ein paar Antiquitäten? Kunst? 

Absolut. Mich begeistern Qualität, Handarbeit, gutes, durchdachtes Design und hochwertig gefertigte Produkte. Dinge mit Seele. Auf eine Stilrichtung möchte ich mich nicht festlegen – dafür wurden zu viele grandiose Dinge zu verschiedenen Zeiten entworfen, die sich spannend kombinieren lassen. Ich würde mich deshalb nicht als Sammler bezeichnen. Ich beschäftige mich gerne mit schönen Dingen, die Freude machen, die inspirieren – genau wie Loewe.

LOEWE

Die Ausstellung „Re-Entry (Third Ear Edit)" von Gerald Rockenschaub ist noch bis zum 14. Oktober in der Sammlung Goetz zu sehen.

Regine Geibel

„Neben meiner redaktionellen Tätigkeit plane ich unter dem Namen STUDIO REGINE GEIBEL ökologische Holzhäuser im Alpenraum und Ferienhäuser in Südeuropa; unter dem Namen 8 SENSES berate ich - zusammen mit Maren Boettcher - Hotels bzgl. Design-Refresh, Usability, Akustik, Beleuchtung“

Regine Geibel

Gründerin und Chefredakteurin