Vor knapp zwei Wochen habe ich mich mit rund 20 Leuten unterschiedlichster Profession in der Bibliothek der Neuen Sammlung eingefunden, um meine Zukunft selbst zu gestalten - basierend auf den Methoden des kritischen und spekulativen Designs. Ausgehend von der Annahme, dass die Zukunft bereits in der Gegenwart angelegt ist, haben wir alternative Szenarien für ein Leben und eine Gesellschaft mit Drohnen ersonnen, diskutiert, debattiert - und schließlich jeweils in kleinen Gruppen ein Exemplar gebaut.
Am Beispiel Drohne haben wir untersucht, welche gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, politischen und ökologischen Auswirkungen aufkommende Technologien haben können.
Welchen Einfluss könnten Drohnen auf unser soziales Verhalten haben, wenn keiner mehr einen Fuß vor die Tür setzen muss, weil Drohnen alles anliefern? Werden wir Drohnen überhaupt noch als Objekte wahrnehmen, wenn sie mit uns kommunizieren und interagieren oder behandeln wir sie dann vielleicht eher wie Haustiere? Brauchen wir künftig Verkehrsregeln, wenn Drohnenschwärme den Himmel über den Städten verdunkeln? Oder drohnenfreie Tagesabschnitte, damit die Privatsphäre zumindest zu gewissen Zeiten gewahrt bleibt? Wer haftet bei Unfällen, die durch Drohnen verursacht wurden?
Überraschend: Die Ergebnisse waren nicht vorhersehbar, denn wenn sich die Ideen in der Gruppe überschlagen und potenzieren, entstehen die verrücktesten Szenarien - zum Beispiel:
Die Drohne als Wahrnehmungsextension
Jeder Mensch hat von Geburt an eine persönliche Drohne, die mit ihrem Besitzer altert und schließlich mit ihm stirbt. Während ihrer Lebenszeit sammelt sie Daten und Emotionen und überträgt diese in regelmäßigen Sessions an ihren Besitzer. Dazu ziehen sich Mensch und Drohne in einen intimen Raum in einem geschlossenen Kubus zurück. So verhilft die Drohne dem Menschen zu emotionaler Stabilität in einer immer unsicherer werdenden Welt...
Die Drohne als verlängerter Elternarm
Eltern geben ihre Kinder in die Obhut von Drohnen, die sich zuverlässig um die Beaufsichtigung und Aufzucht kümmern und gegebenenfalls erzieherisch einschreiten - zum Beispiel in Form von leichten Stromstößen bei Ungehorsam. Die Eltern können sich mit ruhigem Gewissen dem immer aufwändiger werdenden Verdienst des Lebensunterhalts widmen, da sie ihre Kinder professionell betreut wissen. Nachteil: Wer sich keine Drohne für sein Kind leisten kann, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass der Nachwuchs gemobbt, ausgeraubt oder entführt wird, da Kinder ohne Drohnenbegleiter leichte Beute sind...
Der Drohnenschwarm als Stromproduzent
Wenn jeder Haushalt mit einer Drohne ausgestattet ist, werden nicht alle Drohnen immer im Einsatz sein, ähnlich wie parkende Autos. Welche gerade keine Aufgabe erfüllen, könnten sich zu einem Schwarm mit neuer Funktion zusammenschließen - zum Beispiel, um in der Zwischenzeit Strom zu produzieren. Ihre Propeller könnten per Windkraft Strom generieren...
Die Veranstaltung wurde von UnDesignUnit | Sarah Dorkenwald, Karianne Fogelberg, Tanja Seiner kuratiert und entstand in Kooperation mit der Neuen Sammlung München.
UnDesignUnit hinterfragt eng gefasste Definitionen von gestalterischer Praxis und lotet – vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Erweiterung des Designbegriffs – Grenzbereiche und neue Freiräume aus.