Die Siegerin des Best of Interior-Award... 2019, vergeben von Callwey, dem bdia und Schöner Wohnen, kommt dieses Jahr aus München und heißt Stephanie Thatenhorst. Lesen Sie hier in meinem Interview mit Ihr, was für sie die Größte Herausforderung an diesem Projekt war.
Hier zur Präsentation auf MünchenArchitektur.
Ich habe Sie nach dem herausfordernden Weg zu diesem schönen Projekt-Ergebnis befragt und sie hat so authentisch und charmant geantwortet, wie sie nun einmal ist:
RG
Jeder, der gestalterisch tätig ist, weiß, dass es am schwierigsten ist für sich selbst „zu arbeiten". Du hast den ersten Preis beim Interior Design Award für Euren Zweitwohnsitz im Chiemgau erhalten. Wie bist du Dir bei der Planung auf Deine Ansprüche an Dich selbst begegnet?
ST
Die Ansprüche an mich selbst waren höher als je zuvor. Ich wusste, dass ein tolles und einzigartiges Referenzprojekt bei rauskommen muss. Es war eines meiner schönsten Projekte, da es keinen Bauherren gab der mich überstimmt hat. Ich konnte herrlich unpraktische aber schöne Dinge planen und niemand hat ein Veto eingelegt :). Im Vordergrund stand immer das Design und nicht die Funktion!
Als zweite Herausforderung handelte es sich hierbei um einen Teil des Bauernhofes Deiner Eltern. Du hast also auch eine emotionale Bindung zu dem von Dir ausgebauten Heustadl. Wie bist Du damit umgegangen?
Ich hatte sehr viel Respekt vor der historischen Hülle und es war mir sehr wichtig behutsam damit umzugehen. Dennoch war es mir wichtig den nötigen Zeitgeist einkehren zu lassen und dabei nicht meine Eltern verschrecken ;).Sie hatten zwar bei der ein oder anderen Entscheidung Bedenken (dunkler Lehmputz!), haben mich aber frei agieren lassen und sind letztendlich auf das Ergebnis sehr stolz.
Die meisten der anderen gewürdigten Projekte sind eher kühl/modern. Deines erinnert mich von der Gesamtstimmung an den, von mir sehr geschätzten, Axel Vervoordt. Wie bewertest Du dies? Ist es ein Hinweis darauf, dass die Zeit des Clean Chick und des Minimalismus endgültig ihren Zenit überschritten hat?
Die Atmosphäre bzw. die Seele in einem Raum oder Gebäude zu erzeugen steht bei all unseren Projekten an oberster Stelle. Dies kann einem mit unterschiedlichsten Stilmitteln gelingen. Sicherlich steckt in der Scheune ein wenig Vervoordt und Vincent van Duysen mit drin, ich denke sie hat durch die Möblierung einen ganz eigenen Thatenhorst-Twist bekommen (mein eklektischer Stil eben). Clean Check und Minimalismus sind an rechtem Ort und Stelle sicherlich die richtige Entscheidung, es kommt immer auf den Kontext, die Kombination und Dosierung drauf an.
Was macht Dir mehr Spaß: Planen im Bestand, oder ganz neu denken können?
Beide Aufgaben sind sehr reizvoll und haben ihre Herausforderungen. Es kommt mehr auf die Aufgabe an sich und die Bauherren drauf an... in der Regel machen uns alle Projekte sehr viel Spaß :)))
Das Juryurteil:
Heimat und Natur harmonisch mit zeitgenössischem Design zu verbinden, ist wirklich eine Kunst. An den Rändern gleitet das Ganze allzu schnell ins Alpin-Deutschtümelige oder ins Jugendlich-Modische ab. Wie gelingt sie dann, die perfekte Balance? Indem man Räume von außen nach innen plant und behutsam eine Brücke zwischen Neuem und Altem baut. Ihrem zweiten Zuhause im Chiemgau, das 120 Jahre lang als Scheune gedient hatte, hat die diesjährige Gewinnerin des Best of Interior Award eine moderne Loft-Atmosphäre eingehaucht, ohne ihm Gemütlichkeit zu rauben. Die Holzfassade blieb bestehen, allein die Fenster zur Westseite wurden vergrößert, damit mehr Licht hereinfällt. Aus den alten Bodendielen der Scheune entstand die Treppe zur neu eingezogenen Schlafebene unter dem Dach. Die Wände wurden einheitlich in Grau mit pigmentiertem Tonputz gestaltet. Das Raum bestimmende Element unter dem acht Meter hohen Giebel im Wohnraum ist die offene Küche aus Ulmenholz. Mit den eingesetzten Möbeln hat die Innenarchitektin das Jetzt ins Haus geholt: Ein halbrundes Sofa in Salbeigrün steht vor einem roséfarbenen Teppich, ein halbes Dutzend Superleggera-Stühle von Gio Ponti gruppieren sich um den Esstisch. Wie weltoffen die Einrichtung gelungen ist, entdeckt man erst auf den zweiten Blick – die mit alpinem Blümchenstoff bezogene Polsterbank blinzelt Richtung Berge, die Holzsessel im Windsor-Stil nicken nach Skandinavien, die elegante Leuchte über dem Esstisch strahlt den Glamour von Mailand aus. Vor den Betten liegen grafisch gemusterte Teppiche, wie man sie derzeit in internationalen Homestorys sieht, als Nachttisch reicht ein alpiner Schemel. Eine frei stehende Wanne im Master-Bedroom fungiert als Waschzuber de luxe, im Bad glänzen Marmor und Messing vor dunklem Holz. Das Chiemgau trifft in dieser Scheune auf große, weite Designwelt. Mit mehr Gefühl für die Umgebung, die eigene Heimat und zeitgenössische Gestaltung kann man kaum einrichten. Und wer dann noch die eigenen Bedürfnisse nach Ruhe, Geborgenheit und Natur erfüllt, der hat einen wahrlich magischen Ort geschaffen. Dabei kann die Gewinnerin auch ganz anders. Sie entwirft Bars in samtig-schummrigem Salon-Style, coole Shop-Konzepte wie ein Vincent Van Duysen und poppige Wartezimmer für Arztpraxen. Das nennt man dann wohl Allroundtalent.
Die Auszeichnungen gingen an:
Büro Arnold / Werner, München, für die Gestaltung der „Wunderbox mit Fiftie-Touch";
DOPO DOMANI, Berlin, für das Projekt „Haute Couture für die Stadtwohnung";
Studio Oink, Hohenkirchen, für die Gestaltung „Das natürliche Ostee-Hideaway";
Fabian Freytag Studio, Berlin, für die Arbeit „Das Wohn-Set"
Eine Anerkennung ging an:
Sebsatian Zenker, München, für die Arbeit „Glamour meets Pop-Art".
Bereits zum fünften Mal wurde der Award „Best of Interior" ausgelobt. Zusammen mit den Partnern Schöner Wohnen, Bund Deutscher Innenarchitekten, BOLD und AmbienteDirect wurden herausragende private Einrichtungskonzepte gesucht: harmonisch, wohnlich, zeitgemäß und persönlich. Aus den zahlreichen Einreichungen hat die Expertenjury die 30 besten Beiträge ausgewählt, die in München im AmbienteDirect Store gekürt wurden. Diese schönsten Wohnkonzepte der deutschen Interior-Szene für 2019 dokumentiert das Buch Best of Interior von Janina Temmen, Werner Aisslinger und Monika Losos.
Die Jury
Bettina Billerbeck ist quasi eine Institution: Nicht nur weil sie sich als Chefredakteurin des Magazins SCHÖNER WOHNEN täglich mit den schönsten Seiten des Einrichtens beschäftigt. Sondern auch, weil sie bereits seit 2017 Teil der Best-of-Interior-Jury ist. Sie führte bis 2013 die Chefredaktion von LIVING AT HOME. Zuvor arbeitete sie als Chefredakteurin der Zeitschrift Maxi. Von 2005 bis 2009 war sie – zunächst als Textchefin, dann als stellvertretende Chefredakteurin – in leitenden Funktionen bei der Zeitschrift Myself tätig. Ihre journalistische Laufbahn begann die studierte Historikerin mit einem Volontariat beim Jahreszeiten Verlag.
Vera Schmitz ist bdia Präsidentin, Innenarchitektin, Architektin, Sachverständige und Gründungmitglied der interdisziplinären Arbeitsgemeinschaft für das Bau- und Gesundheitswesen efficientia in Oberhausen. Sie ist als Dozentin an Hochschulen und den Fortbildungsakademien der Architektenkammern tätig und engagiert sich berufspolitisch in mehreren Verbänden und Gremien, unter anderem als Vorstandsmitglied im bfb Bund freier Berufe.
Janina Temmen schreibt als Designjournalistin für internationale Wohn- und Lifestyle-Magazine. Sie spürt mit Leidenschaft Geschichten auf und ist eng mit den kreativen Köpfen der Szene verbunden.
Monika Losos ist Head of Architecture und Geschäftsführerin des Studios Aisslinger und verantwortlich für so charakterstarke und trendweisende Projekte wie das „Hobo Hotel" in Stockholm oder „Kantini" im Bikini Berlin.
Ester Bruzkus zählt zu den gefragtesten Innenarchitektinnen Deutschlands und ist die Vorjahressiegerin des Best of Interior Award. Die Berliner Architektin beeindruckt immer wieder, zuletzt mit der Villa Kellermann in Potsdam.
Hier der Link auf das Video der Preisverleihung.
Das Buch zum Award ist ab sofort erhältlich.