Im historischen Friedrichsbad in Baden-Baden folgen Besucher einem vorgegebenen Parcours. So können sie für drei Stunden Verantwortung abgeben und komplett loslassen.
Bademantel und -tasche, eigene Handtücher oder Lesestoff: All das braucht man bei einem Besuch des historischen Friedrichsbads nicht. Denn nach dem Bezahlen an der Kasse wird alles Mitgebrachte in einem Schrank eingeschlossen. Nur mit einem großen Leih-Leintuch begeben sich Gäste anschließend auf einen Parcours mit 17 Stationen, den Mitarbeiter und Informationstafeln erklären: Zunächst prasselt zur Reinigung warmes Thermalwasser aus überdimensionalen Duschköpfen auf den nackten Körper. Ein Warm- und ein Heißluftbad lassen seine Temperatur danach ebenso ansteigen wie zwei unterschiedlich temperierte Thermal-Dampfbäder. Anschließend wird der Körper in Becken, deren Thermalwasser 36, 34, 28 und 18 Grad Celsius hat, stufenweise wieder heruntergekühlt. Wohltuender Abschluss ist eine 30-minütige Siesta im Ruheraum, wo helfenden Hände Besucher in vorgewärmte Laken und weiche Decken hüllen.
Die Qual der Wahl haben sie bis auf zwei zusätzliche Optionen – die Seifenbürsten- und die Crememassage – im Friedrichsbad nicht. Und das aus gutem Grund: Sein Konzept basiert auf Erkenntnissen, die der großherzogliche Badearzt Dr. Carl Frech und der Baden-Badener Bezirksbauinspektor Karl Dernfeld ab 1868 auf Reisen zu den bedeutendsten Kurorten Europas sammelten. Dabei kristallisierte sich eine Kombination aus römischen und irischen Elementen mit einer wechselnden Folge aus feuchtwarmer und warmer trockener Luft, Bewegungsbädern und Entspannung heraus – all das in einer sinnhaften Abfolge, die ihre Entsprechung in der Architektur des Friedrichsbads hat: Allen Stationen sind spiegelbildlich auf der Frauen- und Männerseite eigene Räume gewidmet; Gemeinsamkeit ist das zentrale, 17 Meter hohe Kuppelbad, das Säulen und Stuck zieren. Eine Augenweide an anderen Stellen sind handbemalte Majolika-Kacheln und Mosaiken. Auch von außen wirkt das Gebäude, das von 1871 bis 1877 im Stil der Neorenaissance aus rotem und weißem Sandstein errichtet wurde, so opulent wie ein Palast.
In authentischem Ambiente lässt sich so das bedeutendste deutsche Thermalbad der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erleben. „Hier vergessen Sie nach zehn Minuten die Zeit und nach 20 Minuten die Welt" brachte der Schriftsteller Mark Twain die Besonderheit dieses Ortes auf den Punkt. Drei bis vier Stunden lang können Besucher hier bis heute entschleunigen, ganzheitlich loslassen und ihre Batterien wieder aufladen – ein wohltuendes Kontrastprogramm zum durchgetakteten Alltag, den Reizüberflutung dominiert.
Noch exklusiver ist das Badevergnügen im separaten Prinzen- und Kaiserbad, das man als Paar bzw. mit Gruppen bis zu acht Personen als Private SPA mieten kann. Verwöhnen lassen kann man sich zusätzlich mit Wellness- und Beautybehandlungen im CaraVitalis, dessen Räume zum Teil in der Caracalla Therme, zum Teil im Friedrichsbad liegen. Seine gemeinsamen Badetage für Männer und Frauen sind Dienstag, Mittwoch, Sonn- und Feiertag, die getrenntem Montag, Donnerstag und Samstag.