Im Museum Santa Maria Novella in Florenz hängt seit Kurzem eine kleine Sensation: Das vermutlich einzige "Letzte Abendmahl", das von einer Frau geschaffen wurde. Die Künstlerin heißt Plautilla Nelli - Nonne, Autodidaktin und vergessene Malerin der Florentiner Renaissance.
Vier Jahre dauerte es, bis Restauratorin Rosella Lari mit ihrer Arbeit an der sieben mal zwei Meter großen Leinwand der malenden Renaissance-Nonne zufrieden war. Bis all die Details des Gemäldes aus dem Jahr 1560 wieder gut sichtbar waren: die saubere weiße Tischdecke, auf der noch die Falten vom Zusammenlegen zu sehen sind, die feinen Malereien auf der Schüssel mit dem Lamm, die Hände der Apostel. "Plautilla malte mit kräftigen Pinselstrichen voll dicker Farbe und mit leuchtenden Pigmenten - sie wusste offenbar genau, was sie wollte und hat das mit ihrer Kunst ausgedrückt", sagt die Restauratorin. Das sei außergewöhnlich für jene Epoche.
"Plautilla hatte offenbar keine Lust, kleine dekorative Arbeiten zu machen, wie man es von Nonnen damals erwartete", sagt Kunsthistorikerin Penny Howard, die in London und Florenz lebt und Abbildungen von Letzen Abendmahlen in einer dicken Kladde sammelt. "Sie schuf das Gemälde zu einer Zeit, in der es als unsittlich galt, dass Frauen historische Szenen und lebensgroße Figuren darstellten. Und schon gar kein Abendmahl." Das Thema blieb Männern auf der Höhe ihres künstlerischen Schaffens vorbehalten - als Zeugnis ihres Könnens. die Malerinnen jener Zeit konzentrierten sich stattdessen auf Blumenbilder und Stillleben - Dinge, die man Zuhause, sprich in sicherer, "kontrollierter" Umgebung malen konnte. Und Porträtmalerei, denn dafür brauchte es keine Anatomiekenntnisse - das Aktstudium war Frauen verboten.
Porträtmalerei war damals so gefragt, dass einige Künstlerinnen damit enorm erfolgreich waren. So auch Plautilla Nelli. Sie unterhielt im Kloster Santa Caterina di Cafaggio eine Malwerkstatt, die ausschließlich von Frauen betrieben wurde. Die Nonnen verkauften ihre Werke an den Adel und waren ökonomisch unabhängig.
Im Jahr 1817 zog Nellis Abendmahl ins Kloster Santa Maria Novella um. Während der Überschwemmung von Florenz im Jahr 1966 war es eines von 14.000 Kunstwerken, das von der Flut mit ihren 600.000 Tonnen Wasser, Schutt und Schlamm beschädigt wurde, als der Arno über seine Ufer trat. Nach mehreren Jahrzehnten in den privaten Räumlichkeiten der Mönche, hängt das restaurierte Gemälde im Alten Refectorium des Klosters - heute ein Museum.
Die autodidaktisch malende Nonne Nelli war es, die 2006 die amerikanische Kunstsammlerin Jane Fortune dazu inspirierte die Advancing Women Artists Foundation (AWA) zu gründen, die die Restaurierung des Nelli-Abendmahls initiiert hat. Die Stiftung hat sich zum Ziel gesetzt, die unbekannte - weibliche - Seite der Florentiner Kunst ans Licht zu bringen. Allein in der Toskana sollen noch Hunderte von Gemälden von Künstlerinnen im Verborgenen auf ihre Restaurierung warten.
So wurde Plautilla Nellis Letztes Abendmahl restauriert - zum Film.