Mitten in der Münchner Innenstadt, gegenüber der Schwindinsel, ragt ein hölzerner Brückenkopf über die kleine Isar. Bridge Sprout heißt die freie Arbeit des renommierten japanischen Architekturbüros Atelier Bow-Wow. Sie ist Auftakt von Carte Blanche, einer neuen Reihe von Kunst im öffentlichen Raum der Landeshauptstadt.
Wie bei vielen ihrer Projekte, geht es Atelier Bow-Wow bei Bridge Sprout nicht darum, durch künstlerische Intervention größtmögliche Veränderung oder Verfremdung zu erzielen. Vielmehr setzt man auf vertraute Motive und die Formensprache der Umgebung, die reininterpretiert wird, um Gewohntes für die Menschen der Stadt neu erlebbar zu machen. So orientiert sich die temporäre Installation in ihrer Anmutung und Materialität an traditionellen Holzbrücken in den Alpen und macht – teilweise begehbar – den Luftraum zwischen Westufer und Schwindinsel völlig neu erfahrbar. Dabei bezieht sie sich auch auf die Tradition der Flößerei in München, und die alte Symbiose zwischen dem Fluss Isar und dem Material Holz.
Bridge Sprout überbrückt oder verbindet bewusst nichts. Eher geht es um die Ambivalenz von Nostalgie und Utopie und ein Hinterfragen etablierter Funktionen oder Kategorien. Indem er mit unserem gewohnten Bild einer kompletten Brücke bricht, (ver)führt der Bau seine Besucher zu eigenen, freischwebenden Gedankenkonstruktionen.
Das Projekt versteht sich auch im japanischen Sinne als eine Verbeugung vor der Natur. Der Natur der Insel wird respektvoll begegnet, mithilfe der künstlerischen Intervention im öffentlichen Raum, die den Inselcharakter betont aber nicht antastet. Es geht Atelier Bow-Wow darum, neue Perspektiven durch eine neue Erfahrung von Raum zu ermöglichen. Die ungewöhnliche, einzigartige Architektur eines begehbaren Brückenteils im freien Luftraum schafft Weite und die Imagination neuer gedanklicher Räume.
Der Brückenkopf ist öffentlich zugänglich und bietet einen sonst nicht möglichen Blick über den Fluss.
Die erste Abbildung ist ein Rendering © Atelier Bow-Wow