Neu gedachte Broschen, kantige Kerzenleuchter – mit dem Danner-Preis werden bayerische Kunsthandwerker ausgezeichnet. Ihre Bandbreite zeigen eine Ausstellung und ein Buch.
Die Basis ist ein runder, starker Magnet. Auf ihm lässt sich eine Vielzahl filigraner Elemente aus gelötetem Eisendraht andocken. So kann Bettina Dittlmanns korallenrote Brosche „Wohin" beliebig variiert werden und besitzt unterschiedlichste Gesichter, statt einer endgültigen Gestalt. Für dieses „radikale Bekenntnis zu Erneuerung", das absichtlich „povere" Materialien statt Edelmetallen einsetzt, hat die 1964 geborene Passauerin nun den Danner-Preis 2020 bekommen.
Seit 1984 werden mit ihm alle drei Jahre hauptberufliche Gestalter unterschiedlichster Genres ausgezeichnet, um „einen Ansporn zu bieten zur Steigerung, Innovation und Fortentwicklung eines reichen kunsthandwerklichen Erbes". Außer dem Hauptpreis vergibt die Jury vier Ehrenpreise.
Einen davon bekam im Jahr 2020 Otto Baier für seine Objekte aus geschmiedetem Titan, die von der Kraft aktiver Vulkane inspiriert wurden. Erst aus Keramik, Steinzeugton und Porzellan aufgebaut, dann gedreht und verformt sind Petra Bittls Gefäße mit dem passenden Titel „Paar". Paul Müller formte aus Edelstahl formstrenge, kantige Kerzenleuchter. Peter Bauhuis kombinierte abgeflachte Ringe aus Silber und Goldlegierung zu stehenden Kettenskulpturen.
Jeder Preisträger spricht dabei seine ganz eigene kreative Sprache, die die Grenzen zwischen angewandter und freier Kunst aufhebt. Denn diese Trennung interessiert Kunsthandwerker heute laut Jury „nicht mehr so sehr". Vielmehr öffneten sie sich für alle schöpferischen Bereiche, ließen deren Impulse in ihre Werke einfließen und stellten die herkömmliche Vorstellung einer Verschmelzung von Form und Funktion infrage.
Wie groß die Bandbreite ist, zeigt eine Ausstellung in der Neuen Sammlung – The Design Museum in der Pinakothek der Moderne in München, die derzeit wegen des Lockdowns nicht zu sehen ist, aber voraussichtlich bis zum 11.4.2021 verlängert wird. Zum 100. Jubiläum der Danner-Stiftung ist sie besonders umfangreich und zeigt, außer den Exponaten der fünf Preisträger, weitere herausragende Arbeiten. In Buchform präsentiert sie außerdem eine Neuerscheinung von arnoldschen Art Publishers auf insgesamt 344 Seiten mit 170 Abbildungen (38 €). Der zeitgenössische Überblick wird durch Highlights aus der stiftungseigenen Sammlung sowie Preziosen des Kgl. Bayerischen Hofgoldschmieds Karl Rothmüller ergänzt, der die Gründung der Stiftung einst wesentlich unterstützte. Ein Querschnitt durch die bayerische Avantgarde der angewandten Kunst.
Alle Fotos: © Danner-Stiftung/ Eva Jünger
Hier finden Sie ein Image-Video, in dem Sie auf Tuchfühlung mit spannenden Exponaten gehen können.