Seit Jahresbeginn ziehen die Preise in der Baubranche deutlich an. Insider gehen davon aus, dass es sich dabei um keinen kurzfristigen Trend handelt, sondern das Bauen langfristig sogar noch teurer wird. Der Irrglaube dabei ist, dass sich die Bauunternehmer selbst zusätzliche Gewinne einstreifen. In Wirklichkeit geben sie die steigenden Kosten aber ohnehin nur noch zum Teil weiter und haben selbst mit geringeren Gewinnen und einem härteren Wettbewerb zu kämpfen. Nicht immer ist dabei jedoch für alle zu erkennen, welche Preise aktuell gerechtfertigt sind.
Das Statistische Bundesamt gilt als Gradmesser
Das Statistische Bundesamt führt jährlich eine Kostenstrukturerhebung im Baugewerbe durch. Dabei werden stichprobenweise rund 6.000 Unternehmen befragt, die 20 oder mehr Mitarbeiter beschäftigt haben. Ergänzt werden diese Ergebnisse in weiterer Folge durch die Investitionserhebung bei kleineren Bauunternehmen und durch Berechnungen des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie (HDB). So lassen sich repräsentative Aussagen über die Kosten in der Baubranche ableiten.
Die Ergebnisse werden allerdings immer erst mit ein wenig Verzögerung veröffentlicht. Dabei handelt es sich um eine Zeitspanne von etwa 18 Monaten. So wurden die Ergebnisse für das Jahr 2018 beispielsweise Ende Juni 2020 auf der Webseite des Statistischen Bundesamtes präsentiert.
Die Kosten werden dabei unterteilt nach den folgenden Positionen ausgewiesen:
- Materialverbrauch: Hier sind beispielsweise Einbaustoffe, Hilfsstoffe und Betriebsstoffe ebenso aufgelistet wie Büro- und Werbematerial
- Personalkosten: Dabei handelt es sich um die Löhne und Gehälter inklusive Nebenkosten
- Sonstige Kosten: Dazu zählen unter anderem Abschreibungen auf Sachanlagen sowie Leistungs- und Verwaltungskosten.
Die Daten des Statistischen Bundesamtes zeigen also auf, wo es tatsächlich innerhalb der gesamten Branche zu Veränderungen bei der Preisentwicklung kommt. Für Bauunternehmer ist das eine Art Kompass, an dem sie sich vor allem bei den Materialkosten orientieren können.
Ein Gutteil der Kosten entsteht jedoch auch durch die Honorare für Architekten und Ingenieure. Diese sind in der sogenannten HOAI geregelt.
Die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI)
Vor allem Architekten und Bauingenieure führen ihre Honorarermittlung auf Basis der HOAI durch. Sie wurde ins Leben gerufen, um diese Berufsgruppen vor einem Preiskampf zu schützen und die Qualität ihrer Arbeit zu sichern.
Bis vor kurzer Zeit war die HOAI noch zwingend einzuhaltendes Preisrecht. Doch im Jahr 2020 gab es vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) einen Änderungsentwurf, der so angenommen und als Verordnung am 1. Januar 2021 in Kraft getreten ist. Erforderlich war diese Änderung, weil die verbindliche Regelung der Mindest- und Höchstsätze laut einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes nicht mit dem Europäischen Gesetz vereinbar ist.
Deshalb sind Architekten und Ingenieure zwar nicht mehr an die festgelegten Honorare der Honorartafel gebunden, dennoch werden sie in den meisten Fällen weiterhin als Orientierungswerte herangezogen.
Warum sind die Kosten so stark angestiegen?
Die weltweite Corona-Pandemie hat den Markt durcheinandergewürfelt. Neben der allgemeinen Teuerungsrate tragen vor allem die steigenden Material- und Energiekosten sowie erhöhte Arbeitskosten zu den hohen Baukosten bei.
Seit dem Januar 2021 hat sich das Baumaterial zum Teil deutlich verteuert. Vor allem bei Betonstahl und Dämmstoffen für Fassaden liegen die monatlichen prozentuellen Teuerungsraten dabei in manchen Monaten im zweistelligen Bereich. Verantwortlich dafür zeichnen sich Lieferengpässe und gestiegene Transportkosten.
Nicht immer ist die Corona-Pandemie daran schuld. Laut dem Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH) hat beispielsweise der heftige Winter in den USA dazu geführt, dass die Holzproduktion drastisch zurückgefahren wurde. Da gleichzeitig der Baumbestand hierzulande und in anderen Teilen Europas von schweren Schäden betroffen war, kam es zu einer erhöhten Nachfrage. Da ein Unglück selten allein kommt, stockte auch noch der Containermarkt in China.
Die stark gestiegenen Holzpreise machen sich selbstverständlich bemerkbar. Die Preise für Holzbauarbeiten sind laut dem Statistischen Bundesamt in einem Jahr um insgesamt 28,5 Prozent angestiegen.
Doch Holz ist nur ein Beispiel. Auch die Preise für Dachdeckerarbeiten, Klempnerarbeiten und Arbeiten am Rohbau von Wohngebäuden liegen mehr als deutlich über jenen des Vorjahres.
Die Tarifabschlüsse haben ihren Preis
Für die Arbeiter ist es zwar schön, wenn sie mehr Geld bekommen. Doch auch erfolgreiche Tarifverhandlungen führen in weiterer Folge selbstverständlich zu Preissteigerungen. Irgendwer muss schließlich die Rechnung dafür bezahlen.
In den Jahren 2019 und 2020 ist der tarifliche Mindestlohn um 6,8 Prozent angestiegen und auch 2021 wird es zu einer weiteren Erhöhung kommen. Denn die IG Bau hält die Baubranche nach wie vor für krisenfest und fordert deshalb unter anderem auch eine geregelte Entschädigung für Wegezeiten.
Die Auftragsbücher sind voll.
Grundsätzlich liegt die IG Bau damit auch nicht falsch. Denn die Auftragsbücher der Bauunternehmer sind voll und auch die Corona-Pandemie sorgte nur für einen kleinen Knick in der Kurve. Im Jahr 2020 sind deutschlandweit rund 300.000 neue Wohnungen entstanden. Dabei wurde ein Umsatzplus von etwa 10,5 Prozent erwirtschaftet. Im Jahr 2021 ist von etwa ebenso vielen Wohnungen auszugehen.
Die Preistreiber sind dabei nicht immer nur Personal- und Materialkosten. Oftmals sind dafür auch verschärfte Bauvorschriften, etwa beim Brandschutz oder der Wärmedämmung dafür verantwortlich.
Letztendlich lässt sich für Bauunternehmer zwar herausfinden, wie sich die Kosten in den einzelnen Bereichen entwickelt haben. Dennoch stehen sie dieser Entwicklung in den meisten Fällen machtlos gegenüber und müssen sie einfach in Kauf nehmen.
In weiterer Folge führt das einfach zu einer generellen Nivellierung nach oben, die beim Bauunternehmer und seinen Zulieferern beginnt und beim Endkonsumenten endet, der sich deshalb mit ständig steigenden Quadratmeterpreisen beim Kauf und der Miete von Wohnungen und Häusern konfrontiert sieht.