Das Bauhaus ist nicht nur als Institution sondern seit vielen Jahren auch als Begriff für die moderne Kunst und Architektur bekannt. Die einst in Weimar entstandene Kunstschule von Walter Gropius erregte bereits zu ihrer Gründungszeit im Jahr 1919 großes Aufsehen. Denn das außergewöhnliche Konzept der Einrichtung, in welcher die Lehre von Kunst und Handwerk miteinander verbunden werden sollten, hat es zuvor noch nie gegeben. Schnell entwickelten sich die Innovationen aus dem Hause Bauhaus zu einer völlig eigenen Stilrichtung, deren Merkmale vor allem von Einfachheit, Funktionalität und dem Fokus auf das Wesentliche geprägt waren. Bis heute wird dieser Stil häufig synonym mit der Moderne genannt und prägt bis in die heutige Zeit hinein die Kunst und Architektur.
Verbindungen des Bauhauses zur Stadt München
Doch häufig wird das Bauhaus nur mit seinen ursprünglichen Standorten in Weimar, Dessau und Berlin in Verbindung gebracht. Sein Einfluss reicht jedoch deutlich weiter, denn auch in anderen Teilen Deutschlands lassen sich Spuren dieser Schule finden. So spielte das Bauhaus auch in der Architekturgeschichte Münchens eine bedeutende Rolle. Denn Walter Gropius verbrachte ab 1903 einen Teil seines Studiums an der Technischen Universität in München. Hier lernte er zwei der bereits damals namhaften Künstler Wassily Kandinsky und Paul Klee kennen und bezog sie direkt in seine experimentellen Ideen mit ein. Beide gehörten bereits zu Lebzeiten zu den prägendsten Bauhaus-Meistern in der Kunstgeschichte.
Doch es waren nicht nur die großen Bauhaus-Künstler, die in München tätig waren, denn auch die Bücher des Bauhauses wurden in dieser Stadt verlegt. Der Albert Langen Verlag, welcher unter anderem die berühmte satirische Wochenzeitschrift Simplicissimus herausbrachte, war ebenso für den Druck und den Verkauf der Bauhaus-Lehrwerke und Kataloge zuständig. Trotz dieser wichtigen Verbindungen scheint sich der Architekturstil im Stadtbild Münchens allerdings kaum widerzuspiegeln.
Kritik an der Modernisierung
Der Grund dafür liegt vor allem in der Vorgeschichte der Stadt. Diese versuchte im April 1919 die sogenannte Räterepublik einzuführen, welche jedoch im darauffolgenden Monat durch die Reichswehr und Freikorps gewaltsam niedergeschlagen wurde. Traumatisiert von den vergangenen Ereignissen etablierte sich eine bürgerlich-konservative Haltung in der Gesellschaft sowie der verstärkte Wunsch danach, das Alte und die Traditionen zu bewahren. Ähnlich wie der Filmemacher Jacques Tati, der mit seinem Film Play Time - Tatis herrliche Zeiten, die Modernisierungsbewegung ausgehend vom Bauhaus kritisierte, gab es auch im zeitgenössischen Bayern viele Gegner des Modernismus.
Bauhaus-Architektur in München
Infolge dieser Voraussetzungen war es für die radikal-revolutionäre Künstlerbewegung des Bauhauses umso schwerer, begeisterte Anhänger für ihre Projekte und Ideen zu finden. Dementsprechend lassen sich aus der Anfangszeit des Bauhauses kaum Spuren seiner Stilrichtung finden. Es dauerte jedoch nicht lange, bis die Grundgedanken des Bauhauses trotzdem einen Platz in der Münchner Stadtarchitektur fanden. So entwickelte sich in der Zwischenkriegszeit die Bayerische Postbauschule, die ebenfalls auf eine klare Struktur und den Fokus auf das Wesentliche setzte.
Zu diesem Baustil gehören beispielsweise das Paketzustellamt in der Arnulfstraße, das Posthaus am Goetheplatz sowie die Versuchssiedlung des Post- und Telegraphenpersonals in Neuhausen. In all diesen Gebäuden spiegeln sich viele Merkmale wie die Stahlbetonrotunde, geschwungene Fassaden, Glaswände und geometrische Formen wider, die ganz offensichtlich dem Bauhausstil entsprungen sind. Dementsprechend scheint das Bauhaus, trotz des Widerstands auch an München nicht spurlos vorbeigegangen zu sein.