Kompaktes Wohnen, das sich trotzdem großzügig anfühlt, Raum für privaten Rückzug in Kombination mit gemeinsam nutzbaren Angeboten, kreative Grundrisslösungen: Damit punktet FREIHAMPTON, das zweite Projekt der Münchner Kooperative Großstadt eG.
Einerseits das Bedürfnis, in den eigenen vier Wänden Privatsphäre zu haben, andererseits der Wunsch, anderen Menschen unproblematisch begegnen zu können: Zwischen diesen beiden Polen hat die KOOPERATIVE GROSSSTADT eG seit 2018 ihr zweites Münchner Projekt geplant und realisiert: FREIHAMPTON.
Auf dem Baufeld WA2-Ost im neu entstehenden Quartier Freiham im Münchner Westen, für das die Genossenschaft im Dezember 2018 den Zuschlag erhielt, entstand ein öffentlich gefördertes Ensemble aus zwei länglichen, drei- bis fünfgeschossigen Gebäuden mit 45 Ein- bis Fünfzimmer Wohnungen. Beide verbindet wie ein Scharmier ein eingeschossiger Gemeinschaftspavillon an der Straßenecke, der sich mit großen Glasflächen als einladende Geste und Angebot an die Nachbarschaft dem Quartier öffnet.
FREIHAMPTON: Treppenhaus als Herzstück
Passend zur Wettbewerbsauslobung unter dem Motto „Vertikale Gemeinschaft" ist das Herzstück beider Wohnbaukörper ein natürlich belichtetes Treppenhaus, an dem unterschiedliche Orte zum Verweilen und der Begegnung angeordnet sind – von der Sitzbank an der Hauseingangstür über gemeinschaftliche Gartenzimmer als geweiteter Durchgang vom Treppenhaus zum Innenhof bis zum flexiblen Kooperationsraum. Von allen BewohnerInnen genutzt werden können ebenfalls der Dachgarten sowie der grüne Innenhof mit Spiel- und Aufenthaltsflächen. Ein Gästeappartment kann über eine Plattform gebucht werden. Zum Mobilitätskonzept gehört eine große Fahrradgarage, wo Lastenräder angemietet werden können, und ein Car-Sharing Fahrzeug. Denn Absicht der KOOPERATIVE GROSSSTADT eG war es, dass der Aktionsradius der BewohnerInnen über den eigenen Wohnraum hinaus auf das gesamte Projekt ausgeweitet wird.
Lustvolle Auseinandersetzung mit Beschränkungen
Die Vorgaben zur Belegung der Wohnungen durch die Stadt München haben sich gegenüber dem Vorgänger-Projekt SAN RIEMO deutlich verschärft. Da die Genossenschaft die effiziente Nutzung der Ressource Wohnraum aber als entscheidenden Beitrag zur Wohnwende sieht, hat sie sich für FREIHAMPTON auf die Suche nach einer produktiven und lustvollen Auseinandersetzung mit diesen Beschränkungen gemacht. Um für bezahlbares Wohnen ressourcenschonend und kostengünstig zu bauen, fiel die Wahl auf eine Hybridbauweise aus konventioneller Tragstruktur und einer vorgestellten Holzfassade. Horizontale und vertikale dunkelfarbige Bänder spannen ein tektonisches Gitternetz vor den geschlossenen Fassadenbereichen und den Loggien auf. Einzelne Diagonalen erinnern an Fachwerkkonstruktionen, sind aber spielerisch angeordnet und brechen das strenge Raster – die Antwort von Klumpe Architekten auf "die unerwarteten Ausdrucksmöglichkeiten von Holz" als eine zentrale Frage des Projekts.
Kalkstein, Fernwärme, Photovoltaik
Zur Verringerung der grauen Energie wurde Stahlbeton in möglichst kleinem Umfang verwendet. Das Tragsystem besteht aus Kalksandsteinwänden, die aus natürlichen Rohstoffen bestehen und recycelbar sind; nichttragende Innenwände sind in Trockenbau ausgeführt. Die Gebäude in KfW55 Standard werden mit Fernwärme aus 100 Prozent erneuerbaren Energien geheizt. Die Dachflächen sind bis auf den intensiv begrünten Dachgarten vollflächig mit Photovoltaik für Mieterstrom belegt.
Unterschiedliche Nutzungsszenarien
Durch die Arbeit an diagonalen Bezügen, die Entree, zentralen Wohnraum, Küche und Loggien miteinander verbinden, sind Wohnungen entstanden, die auf angenehm entspannte Art eine effiziente Raumnutzung generieren. Gezielte Grundriss-Lösungen lassen unterschiedliche Nutzungsszenarien oder Kombinationsmöglichkeiten innerhalb der Wohnungen zu. So hatten BewohnerInnen von Drei-Zimmer-Wohnungen die Option, sich während des Planungsprozesses für die Anordnung der Küche im Wohn-/Essbereich zu entscheiden und damit einen zusätzlichen 8-Quadratmeter-Raum zu gewinnen, der zum Beispiel als Home Office dienen kann. Weitere Besonderheiten sind eine Sieben-Zimmer-Wohngemeinschaft für Erwachsene sowie eine barrierefreien Wohngemeinschaft 60+, die FREIHAMPTON auch zu einem Mehrgenerationenhaus machen.
Pionierarbeit für ein lebendiges, inklusives und vernetztes Quartier
Die Gebäude wurden im Dezember 2022 bezogen, die Außenanlagen im Sommer 2023 fertiggestellt. Mit dem gemeinsamen Projekt FREIHAMPTON haben sich Kooperative Großstadt eG und Klumpe Architekten nach eigener Aussage "an der Pionierarbeit beim Aufbau eines lebendigen, inklusiven und vernetzten Quartiers" beteiligt – ein richtungsweisendes Projekt für Freiham als als eines der größten Stadtentwicklungsprojekte in ganz Europa. In einigen Jahren sollen hier 25.000 Menschen leben.