Zeitgenössische Architektur in Bayern

Bauplan für den Wandel

Urban Mining, Sharing-Communities, Cluster-Wohnungen, Animal-Aided Design? Das sind spannende Ideen und innovative Lösungsansätze für urbane Herausforderungen, die ein neues Buch liefert.

In der U-Bahn oder bei Veranstaltungen gibt es regelmäßig Gedränge, das Verkehrsaufkommen ist ebenso hoch wie die Immobilienpreise, der Lärmpegel und das Stresslevel. Trotzdem leben 78 Prozent der Deutschen in Städten, 79 davon haben mehr als 100.000 Einwohner – Tendenz weiter steigend.

Mehr gelebtes Miteinander

Damit Städte wieder lebenswerter werden, beschäftigt sich Gabriela Beck - ehemalige Redaktionsleiterin von MünchenArchitektur - in ihrem Buch „Wie wir wohnen wollen" mit spannenden Ideen und innovativen Lösungen für urbane Herausforderungen. Zum Beispiel gelebtem Miteinander in engagierten Genossenschaften, inklusiven Vierteln, Mehrgenerationenhäusern oder Cluster-Wohnungen als Gegenbewegung zu sozialer Segregation. Mehr Miteinander entsteht auch durch Sharing-Communities, die sich Werkzeug genauso teilen wie Lastenräder und Autos. Brachflächen, Baulücken und bislang ungenutzte Bereiche können „gärtnerisch und architektonisch gestaltet" zu attraktiven Freiräumen für Begegnungen werden.

Antworten auf den Klimawandel

Auch wenn es sich nur um „Grüne Nischen im Taschenformat" handelt – jede von ihnen schafft ein Gegengewicht zu versiegelten Flächen, dichter Bebauung und vielbefahrenen Straßenzügen. Extensives Gebäudegrün, egal ob auf den Dach oder an der Fassade, filtert Feinstaub aus der Luft, produziert Sauerstoff, spendet Schatten und speichert Niederschlagswasser – lauter wichtige Antworten auf den Klimawandel. Mehr Grün kommt ebenfalls der Artenvielfalt zugute, ganz gezielt macht sich Animal-Aided Design für sie stark, indem bei Bauvorhaben bewusst Biotope für Eichhörnchen, Schmetterlinge und Singvögel integriert werden.

Reduce, Reuse, Recyle

Nachhaltig bauen und wohnen – dazu trägt laut Gabriela Beck ebenfalls eine Umstellung auf Kreislaufwirtschaft bei. Auf dem Weg zu ihr löst das „Reduce, Reuse, Recyle"-Prinzip Schritt für Schritt eine ressourcenvergeudende Wegwerfgesellschaft ab. Es versteht Städte als „ein riesiges Materiallager, das wir uns durch Urban Mining zunutze machen können" – Materialien werden wiederverwendet, ungenutzte Bürogebäude zu Wohnungen umgewidmet, die Abwärme von Rechenzentren wird zum Heizen von Wohnquartieren genutzt.

Reallabore für Experimente

Summa summarum plädiert Gabriela Beck dafür, „Orte, Gebäude und Infrastrukturen öfter als Reallabore zu betrachten. Und Experimente zuzulassen. Wir sollten das Prinzip des Versuchens, Scheiterns und Lernens wertschätzen und damit die Tatsache, dass eine gesunde Fehlerkultur eine Stadt nachhaltig zu einem besseren Ort machen kann." In acht Kapiteln erklärt die Diplom-Ingenieurin für Architektur mit Schwerpunkt Stadtplanung und Fachjournalistin, wo wir dafür anpacken müssen – ein informativer, gut lesbarer und motivierender „Bauplan für den Wandel."

„Wie wir wohnen wollen" von Gabriela Beck (Kösel)