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Tisch Lövet, 1956 (verpackt) | Ikea Museum, Älmhult, Schweden Foto: Die Neue Sammlung (A. Laurenzo) |
Fakt(um) ist: Wer kein einziges Ikea-Teil sein eigen nennt, mag vielleicht zu Recht die Nase rümpfen ob der Tatsache, dass man eine Ikea-Ausstellung auch als Huldigung an einen Großkonzern, der Massenware verkauft und damit sicherlich nicht in erster Linie für entsprechende Löhne an die Hersteller(länder) steht, missverstehen könnte. Nachdem aber das Gros der Menschen sich immer wieder daran freut, dass es auch bei knappen Mitteln sein Heim mit anständig gestaltetem Mobiliar aufpeppen kann, wird das anders sehen. Demokratie bedeutet im Ikea-Sinn schließlich, dass gutes Design eben nicht vom Geldbeutel abhängig sein muss.
Und in punkto Design hat Ikea unter allen dafür erforderlichen Kriterien seit Gründung durch Ingvar Kamprad im schwedischen Niemandsland Älmhult, wo es nichts als Moor, Einsamkeit, Birken und vielleicht den einen oder anderen obligatorischen Elch gibt, wenig ausgelassen, um seine Kompetenz zu beweisen. Keine Stars im Sinne des Wortes, aber unermüdlich dabei, die Kriterien an Form und Funktion bestmöglich zu erfüllen, war Ikea Vorläufer dafür, die Menschen hinter den Produkten vorzustellen und beim Namen zu nennen: die Designer. Was bis heute immerhin dazu führte, dass sich eine internationale Designelite auch nicht zu schade ist, für den schwedischen Möbelgiganten Entwürfe abzuliefern.
Möbel für Menschen von Menschen - das ist die Grundidee von Democratic Design. Dass man bei Ikea nie im Sinn hatte, damit jemals museale Weihen zu erreichen, mag diesen Grundgedanken unterstreichen. Man leistet sich keine riesigen Lager mit allen Produkten, die seit Gründung Mitte der 50er-Jahre entstanden sind. Man sieht in der aktuellen Ausstellung - und das sind die wenigen, die man in Älmhult selbst noch sehen kann - zum Teil Exponate, die es in Deutschland nie zu kaufen gab, erst 1974 eroberten die Schweden Deutschland, seinerzeit in Eching, das kurzfristig in Elching umgetauft wurde.
So mussten die Kuratoren der Sammlung unter anderem auf private Leihgaben von Ikea-Mitarbeitern zurückgreifen, teils auch in die eigenen Bestände gehen - wie Florian Hufnagl, Leiter der Neuen Sammlung, der ein Billy-Regal der ersten Stunde, das er seit Studientagen zuhause hatte, leeren musste, um es in der Ausstellung zeigen zu können.
Die Tatsache, dass die Ikea-Exponate nicht auf einer großen Fläche versammelt sind, sondern historisch (und nach Vorbildern) durch die Sammlung verteilt sind, macht die Ausstellung nur noch reizvoller. Und nachdem sich aufgrund der Qualität einzelner Ikea-Entwürfe nicht gleich erschließen mag, was denn nun „echtes" und was „Ikea"-Design sein soll: Keine Sorge, alle demokratisch designten Stücke sind auf Original-Ikea-Pappen platziert. Ein weiterer Punkt, der zum Welterfolg der Schweden geführt hat - die Eigenbau-Methode, auch wenn die beim einen oder anderen wieder Erinnerungen an mittlere Tobsuchtsanfälle wach werden lassen mag.
Nina Shell