Theresien Garten
Die Münchner Theresienwiese ist der Circus Maximus – nur sehr viel größer. Wo der römische Kaiser in seiner Loge die Wagenrennen beschaute, wachte die Bavaria vor der Ruhmeshalle seit 1850 über die traditionellen Münchner Pferderennen.
Allen Zweiflern zum Trotz! München ist tatsächlich eine Weltstadt, denn: Keine Stadt der Welt leistet sich eine freie Fläche dieser Größe, nutzbar nur für fliegende Bauten, mitten im dichten Stadtkörper. Diese Fläche muss allein deshalb für immer frei bleiben.
Drei kleine, bierkesselfarbene neue Münchner Kioske, als Kleintypologien, die entlang der Haupterschließungsachsen liegen, dienen als Ausgangspunkte, als Schirm- und Liegestuhllager, Ausschank und Aussichtsplattform. Wie aus dem bronzenen Kopf der Bavaria wird es so möglich, das Treiben auf der Theresienwiese – auch während der Festzeit- von oben zu betrachten.
Tausende gerstengelbe Bierkästen, gestiftet von allen Münchner Festbrauereien können für den Transport des Brauguts, auch als Sitzgelegenheit, als Tisch, als Spielgerät, Kunstobjekt oder als Sonnenschirmhalter benutzt werden. Sie werden vor der Wiesn eingelagert, gewaschen und nach dem Fest wieder ausgegeben. Ausgehend von den drei Kiosken ziehen sich die selbstgebauten, selbst in Besitz genommenen Nutzungsbereiche amorph, je nach Gestaltungswillen der Münchner auf die Theresienwiese, als dem neuen Theresien Garten.
Die nur wenige Zentimeter tiefe Wasserfläche wird im Sommer über flächenbündige Düsen um einen voluminösen Sprühnebel ergänzt. Dies verschafft Linderung beim Überqueren der schattenlosen, bei Gluthitze endlos scheinenden Wüstenei. Zur Oktoberfest-Zeit wird diese Fläche natürlich überbaut. Im Winter mag der Münchner darauf dann Eisstockschiessen oder Schlittschuh laufen.
Der schattenspendende Hopfengarten im südlichen Teil der Theresienwiese wird ganzjährig genutzt, als Wandelgarten aber auch ganz profan als Parkfläche. Im Sommer dient der fünf Meter hoch gewachsene Hopfen als ausgezeichneter Sonnenschutz. Die Bürger werden dort, wie in anderen Weltstädten auch, urban gardening betreiben. Grünpiraten werden aufgerufen, wilde Pflanzungen vorzunehmen.
Mit Ausnahme der neuen, ortsfesten Kioske werden hier nur Teilflächen, die streng außerhalb des Oktoberfestbereichs liegen, zur temporären Nutzung zur Verfügung gestellt. Bereiche, die überbaut werden oder wieder entfernt werden können. Sie unterteilen die große, weite Fläche wie Inseln im Mittelmeer, ohne sie zu fragmentieren.
Gersten, Hopfen, Wasser – auch die Theresienwiese unterliegt dem Reinheitsgebot.
Der neue Münchner Theresien Garten braucht sonst nichts.