Kengo Kuma im Interview - Einige Fragen an den zur Einweihung des Meditation House aus Japan angereisten Architekten. Warum hat er den Auftrag für das kleine Projekt angenommen? Was reizte ihn daran? Wie entwickelte er die Holzschindelfassade?
Der Pavillon wächst wie ein großer Pilz aus der Waldlichtung... Wir sind erstaunt, als wir uns nähern und können noch nicht recht in begreifen, was - neben der handwerklich kunstvollen Holzfassade - so eigenartig besonders ist. Erst als ich im Inneren stehe wird mir klar, dass die großen Fichten ringsum unfassbar nah am Gebäude stehen. Das klingt simpel, hat aber eine überragende Wirkung: Es ist, als wäre das Meditation House aus dem Boden gewachsen ohne irgendetwas in seiner Umgebung zu beschädigen. Es gibt keinen Forstweg, keine Stümpfe abgeschlagener Bäume und keine Brachfläche, die von der Lagerung der Baumaterialien zeugt nichts stört die Umgebung...
Das ist achtsame Architektur: Wenn nicht nur der Entwurf die innere Einkehr befördert, sondern ebenso die Entstehung mit dem notwendigen Respekt vor der Natur erfolgt. Ein Lob an den Entwerfer, den Bauherren und Hotelinhaber und an das umsetzende Büro Studio Lois aus Innsbruck!
Regine Geibel: Herr Kuma, gerade wurde das von Ihnen geplante Victoria & Albert Museum im schottischen Dundee eröffnet. Bis 2020 arbeiten Sie an der Fertigstellung des Stadions für die Olympischen Sommerspiele in Tokio. Warum beschäftigen Sie sich neben solchen Groß-Projekten auch mit vergleichbar kleinen wie dem Meditation House für DAS KRANZBACH?
Kengo Kuma: Diese Art der Arbeit mag ich sehr. Denn für kleinere Einheiten ist sie strenger und stringenter, der Spirit kondensierter. Für uns als Architekturbüro bedeuten kleinere Projekte zudem ein Experimentierfeld.
Regine Geibel: Die Hauptrolle im Meditation House spielt Holz. Woher kommt Ihr ausgeprägtes Faible für dieses Material?
Kengo Kuma: Ich finde Holz magisch, bin selbst in einem traditionellen japanischen Holzhaus aus dem Jahr 1932 aufgewachsen. Seine Wärme und sein Geruch wirken wohltuend auf Menschen, nicht zuletzt weil sie früher in Wäldern lebten, die ihnen Schutz und Schatten boten. Außerdem bedeutet es für mich die Zukunft des Bauens, weil es CO2 neutral ist und wir so auf den Klimawandel als unsere größte Herausforderung reagieren können. Daher verwende ich es so viel wie möglich.
Regine Geibel: Das Meditation House steht auf einer Lichtung inmitten von Nadelbäumen, Büschen, Moos, Gras und Pilzen. Wie wirkt sich diese Umgebung auf die meditierenden Besucher aus?
Kengo Kuma: Das Tempo unseres Lebens nimmt weiter zu, ständig strömen durch die digitalen Medien Informationen auf uns ein. Als Gegengewicht wollen immer mehr Menschen, die in Städten vor allem in Gebäuden aus Beton und Stahl arbeiten oder wohnen, zurück zur Natur. Im Meditation House, das in Harmonie mit seiner Umgebung steht und meinen Respekt für sie ausdrücken soll, können sie die Schönheit sowie Ruhe des Waldes spüren.
Regine Geibel: Das Meditation House ist an drei Seiten bodentief verglast, Teile der Wände und die Decke bestehen aus ineinander verschachtelten Holzschindeln. Welche Rolle spielt dort natürliches Licht?
Kengo Kuma: Das Licht verändert sich je nach Tages- und natürlich auch Jahreszeit. Das ist ein wichtiger Aspekt beim Erfahren der Natur. Und es verleiht dem Holz, das sich im Lauf der Jahre verändern und altern wird, Leben.
Regine Geibel: Ihre Ideen wurden unter der Leitung von STUDiO LOiS aus Innsbruck von einheimischen Handwerkern in die Tat umgesetzt. Wie hat diese Zusammenarbeit funktioniert?
Kengo Kuma: Insbesondere das Anbringen der 1.550 Schindeln aus Weißtanne war extrem kompliziert, bei ihrer Verbindung höchste Präzision gefragt. Nicht nur für die Ausführung dieser Arbeit haben wir sehr gute Partner gefunden und vom gegenseitigen Austausch wirklich profitiert.
Regine Geibel: Welchen Traum möchten Sie sich als Architekt noch erfüllen?
Kengo Kuma: Ich würde gerne ein religiöses Gebäude bauen, das Menschen innerlich bewegen kann. Das Meditation House geht bereits im Kleinen in diese Richtung.