Zeitgenössische Architektur in Bayern

Den öffentlichen Raum ideal nutzen

Den öffentlichen Raum nutzen – Diese Möglichkeiten gibt es

Der urbane Raum wird zunehmend enger. 77,77 Prozent der deutschen Bevölkerung lebt in Städten. Dabei werden nur rund 14 Prozent der Gesamtfläche als Siedlungs- und Verkehrsflächen genutzt. Dadurch wächst die Bedeutung... von öffentlichen, frei zugänglichen Plätzen. Sie sind klimatisch wichtig, dienen als städtische Verweilorte in der Natur, ermöglichen gleichberechtigte soziale Begegnungen sowie Teilhabe und erhöhen somit die Lebensqualität in der Stadt erheblich.

Öffentlicher Raum damals und heute

Die Bundeszentrale für politische Bildung bezeichnet den öffentlichen Raum als Voraussetzung für städtisches Leben. Er vereint Erholungs- und Kommunikationsraum, Konsum- und Verkehrsraum. Als Vorbild gilt die Agora, der altgriechische Markt- und Versammlungsplatz. Bis heute sind Marktplätze, Parkanlagen sowie Freiflächen in der Stadt urbaner Raum, der gesamtgesellschaftlich genutzt wird. In den 1980er-Jahren ging er in vielen Ortschaften jedoch stark zurück. Die Schuld trug die zunehmende Privatisierung und Bebauung. Bereits in den 1990er-Jahren erkannte man die Relevanz öffentlicher Flächen, um zusammenzukommen und sich innerstädtisch zu erholen. Seither versuchen viele Städte, wieder mehr öffentliche Bereiche zu schaffen und den vorhandenen zu optimieren.

In der modernen Stadtplanung werden frei zugängliche Plätze als Investitionen in Lebensqualität, Inklusion und Vielfalt erkannt. Bei ihrer Gestaltung sind sowohl ein barrierefreier Zugang als auch die Nachhaltigkeit wichtige Kernpunkte. Letztere spiegelt sich auch in zeitlos designtem Stadtmobiliar aus langlebigem Material wider, etwa in Bänken aus nachhaltigen Materialien, die ergonomisch geformt sind und verschiedene Bevölkerungsgruppen einladen, an öffentlichen Plätzen zu verweilen.

Den öffentlichen Raum kreativ nutzen – Beispiele aus aller Welt

Wie lässt sich der urbane Raum nachhaltig, innovativ und kreativ nutzen? Diese Frage haben weltweit mehrere Städte für sich beantwortet:

  • Barcelona: Im Herzen der Stadt entstand 2023 aus einer mehrspurigen Straße eine weitläufige, 2,7 Kilometer lange Fußgängerzone, die insbesondere die Lebensqualität der Anwohner verbesserte. Das Konzept traf international auf Begeisterung und inspirierte weitere Städte, darunter Berlin, zu einer nachhaltigen Umgestaltung von Straßenflächen. Allerdings steht der sogenannte Superblock seit September 2023 aufgrund eines Gerichtsurteils auf der Kippe.    
  • New York: Im Westen Manhattans liegt die High Line, eine ehemalige Güterzugstrecke, die sich siebeneinhalb Meter über dem Boden befindet. Zwischen 2006 und 2023 baute die Stadt sie zu einer - heute extrem beliebten - öffentlichen Parkanlage um.

  • San Francisco: An der Westküste der USA wird das Stadtbild mit sog. Parklets neu gestaltet. Inzwischen gibt es in der Metropole mehr als 43 Parkplätze, die zu Parks und Grünanlagen umgewandelt wurden. Bereits ein paar Sitzgelegenheiten, Fahrradständer und Blumenkübel verwandeln die einstigen Parkplatzflächen in Orte der Erholung und Zusammenkunft.

Auch Deutschlands Hauptstadt kann mit dem Tempelhofer Feld auf eine kreative Nutzung öffentlichen Raums verweisen. Das frühere Flughafengelände entwickelte sich seit 2008 zu einer über 380 Hektar großen Parkanlage, die für jedermann kostenfrei zugänglich ist. Die einstigen Startbahnen können heute zum Joggen, Skateboarden oder Fahrradfahren genutzt werden, und das umgebende Grün dient als Erholungs- und Urban-Gardening-Bereich. Ein ähnliches Projekt wie San Franciscos Parkplatzumgestaltung soll mit dem Falckenberg-Ensemble in München realisiert werden.

In der modernen Stadtplanung müssen Straßen und Plätze jedoch nicht stillgelegt werden, um den urbanen Raum zu erweitern. Shared-Space-Konzepte ermöglichen eine facettenreiche Nutzung des Straßenraums. Fuß-, Fahrrad- und Autoverkehr sollen dabei gleichrangig in den Verkehrsraum integriert werden – ohne Ampeln und Verkehrszeichen. Ein solches Konzept setzt voraus, dass die Verkehrsteilnehmer freiwillig aufeinander Rücksicht nehmen. Ein erstes Modellprojekt in Deutschland startete zwischen 2004 und 2008 in der Gemeinde Bohmte in Niedersachsen. Weitere Städte, darunter Brühl, Stuttgart und Duisburg, ließen sich davon inspirieren und integrierten eigene Shared Spaces in ihr Stadtbild.

Münchens öffentlicher Raum wird kreativ und innovativ genutzt

Auch in München gibt es mehrere Orte, an denen sich der öffentliche Raum nachhaltig ins Stadtbild einfügt. Das Paradebeispiel ist der bis in die 1990er-Jahre sanierte Gärtnerplatz, der heute als Touristenmagnet gilt. Ebenfalls zu nennen sind:

  • der Alte Botanische Garten, der für eine Million Euro umgestaltet werden soll

  • der Straßenraum im Bereich des Sendlinger-Tor-Platzes, der breite, sichere Fahrradwege erhalten sowie für Fußgänger optimiert werden soll

  • die Flusslandschaft an der Isar, deren acht Kilometer langer Abschnitt zwischen Großhesseloher Brücke und Deutschem Museum von 2000 bis 2011 renaturiert wurde

  • das Kreativquartier an der Dachauer Straße, das Wohnen, Arbeiten, Kunst und Kultur miteinander verbinden soll

Die Verbindung von Nachhaltigkeit und öffentlichem Raum

Bei der nachhaltigen Nutzung des öffentlichen Raums muss neben sozialen Aspekten auf das Erreichen ökologischer Ziele geachtet werden. Um Stadt und Natur enger miteinander zu verbinden, sind grüne Infrastrukturen gefragt, darunter:

  • grüne Freiräume und Parks

  • öffentliche Gärten    

  • das Straßenbegleitgrün

  • die Integration von nachhaltigem Stadtmobiliar

Auch die urbane Landwirtschaft, das „urban farming“, ist als kreative Freiflächennutzung sinnvoll. Hierbei werden auf nicht bebauten, innerstädtischen Flächen Zier- und vor allem Nutzpflanzen angebaut.

Flexibilität und temporäre Nutzung des öffentlichen Raums

Eine anpassungsfähige Nutzung des urbanen Raums trägt zu dessen Nachhaltigkeit bei, denn so können auch öffentliche Flächen für Feste, Veranstaltungen oder Pop-up-Märkte genutzt werden, was auch langfristig Mehrwert für die Stadtbewohner schafft. Die Voraussetzung ist eine dynamische, flexible Flächengestaltung. Durch die Anpassungsfähigkeit können leerstehende Flächen zwischengenutzt und Brachflächen belebt werden, was zur sozialen und wirtschaftlichen Vitalität des Stadtviertels beiträgt. Solche Flächen fördern den Gemeinschaftssinn, indem sie Orte der Begegnung und des Austauschs schaffen.